Shahzad Ahmed, London
Zu den unzähligen Zeichen, die die Wahrhaftigkeit der Propheten Gottes beweisen, gehört auch die Erfüllung von Prophezeiungen. Aber diese Prophezeiungen sind nicht zu verwechseln mit zufälligen und vagen Vorhersagen von zufälligen Ereignissen, die in der Zukunft eintreten könnten. Es handelt sich vielmehr um großartige Prophezeiungen erhabener Natur, die außergewöhnliche Ereignisse voraussagen, die eine so starke und tiefgreifende Wirkung auf die Welt haben, dass sie bei den Wahrheitssuchenden nicht den geringsten Zweifel daran lassen, dass ihre Eingebung und die Quelle ihres Wissens von niemand anderem als dem allmächtigen Gott selbst stammen.
Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts war zweifelsohne eine der dunkelsten Epochen in der Geschichte des Islam. Die muslimische Umma hatte sich von ihren wahren Lehren entfernt, war schädigenden Bräuchen und Neuerungen zum Opfer gefallen, hatte keine wirkliche Führung und keine Richtung, war uneins und entmutigt und stand unter ständigem Beschuss von allen Glaubensrichtungen um sie herum. Besonders deutlich wurde dies im Fall des Subkontinents, auf dem damals ein Viertel der gesamten muslimischen Bevölkerung der Welt lebte und der mit seiner starken Präsenz von Christen, Muslimen und Hindus eine Brutstätte religiöser Intoleranz und Vorurteile war.
Vor dem Hintergrund dieser katastrophalen Lage des Islam fand die Ankunft des Verheißenen Messias und Imam Mahdi, Hadhrat Mirza Ghulam AhmadAS, statt, dessen Erscheinen in der Endzeit von allen Weltreligionen vorausgesagt und sehnsüchtig erwartet wurde und der die Aufgabe hatte, die Wiederbelebung des Islam herbeizuführen und die Menschheit unter der Einheit des einen wahren Gottes zu vereinen. Der Verheißene MessiasAS erklärte nachdrücklich, dass der Islam das vollkommenste und letzte Gesetz Gottes sei, das der Menschheit gegeben wurde, und dass man nur durch diesen Glauben eine wahre und lebendige Beziehung zu Gott erfahren könne. Der Verheißene MessiasAS wandte sich mit dieser außergewöhnlichen Ankündigung in Form eines Briefes an alle großen Religionen der Welt und ihre jeweiligen Führer:
»Ich möchte euch die Tatsache vor Augen führen, dass die einzig wahre Religion, die Gottes Zustimmung und Wohlgefallen gefunden hat, der Islam ist und dass das göttlich beschützte und praktische Buch von Ihm der Heilige Qur’an ist. Wenn ihr daran zweifelt, seid ihr eingeladen, für ein Jahr nach Qadian zu kommen und in meiner Gesellschaft zu bleiben und alle himmlischen Zeichen mit euren eigenen Augen zu sehen. Die einzige Bedingung ist, dass eure Absichten rein sind und dass ihr nach der Wahrheit sucht.
In Qadian werdet ihr mit Sicherheit die Wahrheit finden, denn diese Gewähr wurde von Gott gegeben und sie verfehlt nie. Wenn ihr hierher kommt und kein Zeichen der Wahrheit findet, werde ich eine Geldstrafe von 200 Rupien pro Monat auf mich nehmen. Diese Strafe wird an euch gezahlt, weil ihr eure Zeit verschwendet habt und weil wir unsere Versprechen nicht einhalten konnten. Wenn ihr meint, dass dieser Betrag unter eurer Würde liegt, werden wir euch jeden Betrag zahlen, den ihr wünscht, vorausgesetzt, er liegt im Rahmen unserer Möglichkeiten.«[1]
Diese außergewöhnliche und starke Herausforderung, die auf dem gesamten Subkontinent verbreitet und in der Riaz-e-Hind Press in Amritsar veröffentlicht wurde, schlug Wellen in der gesamten religiösen Welt und löste einen Aufruhr aus. Die Führer der Hindus, Christen und Muslime waren sich einig in ihrem Widerstand gegen die kühne und verbindliche Herausforderung durch den Verheißenen MessiasAS. Unter ihnen befanden sich viele prominente und einflussreiche Führer, die eifrig forderten, dass innerhalb eines Jahres nach der Veröffentlichung, d. h. bis September 1886, ein Zeichen gezeigt werden müsse. Der Verheißene MessiasAS nahm diese Herausforderung an und reiste im Januar 1886 nach Hoshiarpur, um dort Chilla, eine 40-tägige Andacht in Abgeschiedenheit, zu halten und ein Zeichen von Allah, dem Allmächtigen, zu erbitten, das die Wahrhaftigkeit des Islam offenbaren sollte. Seine Entscheidung, nach Hoshiarpur zu reisen, wurde durch die folgende Offenbarung angeregt, die er viele Jahre zuvor erhalten hatte: »Dein Vorhaben wird in Hushiarpur umgesetzt werden.«[2]
Nachdem er vierzig Tage lang intensiv gebetet hatte, veröffentlichte der Verheißene MessiasAS am 20. Februar 1886 eine Bekanntmachung über die göttlichen Zeichen, die ihm von Allah dem Allmächtigen offenbart worden waren. Zu diesen Zeichen gehörte die große Prophezeiung über die Geburt eines Sohnes, der Musleh Mau’ud [der Verheißene Reformer] sein sollte. Die Prophezeiung sollte als großartiges Zeichen für die Wahrhaftigkeit des Islam und des Verheißenen MessiasAS dienen.
Der Verheißene MessiasAS sagte jedoch nicht einfach nur die Geburt eines gewöhnlichen Sohnes voraus, vielmehr wurde ein glorreicher Sohn prophezeit, »der ein langes Leben erlangen, äußerst intelligent und verständig sein und wird mit Würde, Hoheit und Wohlstand ausgezeichnet sein. Völker werden durch ihn gesegnet werden. Er wird mit weltlichem und geistigem Wissen erfüllt sein. Er wird mit einem äußerst tiefen Verständnis des Wortes Gottes, d.h. des Heiligen Qur’an, ausgestattet sein. Er wird dieses gottgegebene Verständnis nutzen und dem Heiligen Qur’an auf so großartige Weise dienen, sodass die Würde von Gottes Wort der Welt offenbar wird. Er wird das Mittel zur Befreiung derer sein, die in Knechtschaft gehalten werden. Er wird ʿĀlam-e kabābsein, was bedeutet, dass sich zu seinen Lebzeiten solch universelle Katastrophen ereignen werden, dass sie die ganze Welt erschüttern werden. Sein Ruhm wird sich bis an das Ende der Welt verbreiten.«[3]
Am 12. Januar 1889, innerhalb des in der Prophezeiung genannten Zeitraums, wurde der Sohn geboren und erhielt den Namen Bashiruddin Mahmud AhmadRA. Von Kindesbeinen an waren die in der Prophezeiung erwähnten Zeichen und Eigenschaften, insgesamt 52, in seiner Person offensichtlich und erfüllten sich während seines gesamten Lebens auf außergewöhnliche Weise. Im Jahr 1944 verkündete Hadhrat Mirza Bashiruddin Mahmud AhmadRA, dass er in der Tat jener Musleh Mau’ud sei, dessen Ankunft vom Verheißenen MessiasAS vorausgesagt worden war.
Nach dem Tod des ersten Kalifen (Nachfolgers) wurde Hadhrat Mirza Bashiruddin Mahmud AhmadRA zum zweiten Kalifen und weltweiten Oberhaupt der Ahmadiyya Muslim Gemeinde gewählt. Mit 25 Jahren wurde er Kalif und leitete die wachsende Gemeinde mehr als 50 Jahre lang mit seiner unglaublichen spirituellen Führung, tiefen Weisheit, kraftvollen Gebeten und außergewöhnlichem Verwaltungsgeschick. Während seiner Amtszeit als Kalif beschleunigte sich die Ausbreitung der Ahmadiyya Muslim Gemeinde in der ganzen Welt erheblich. Durch die Einführung von Tahrik-e-Jadid und Waqf-e-Jadid, zwei großartigen Initiativen zur Verbreitung des Islam, wurden die Bemühungen um die Verbreitung der islamischen Botschaft in der Welt, die Veröffentlichung von Literatur und Übersetzungen des Heiligen Qur’an, die Ausbildung von Missionaren und die Errichtung von Schulen und Krankenhäusern im Dienste der Menschheit enorm ausgeweitet.
Seine Verdienste auf der internationalen Bühne für die Muslime und die Menschheit insgesamt sind ebenfalls gut dokumentiert und anerkannt. Sei es, dass er auf der Grundlage seiner genauen und kritischen Einschätzung der turbulenten politischen Lage in der Welt, in der zwei globale Kriege stattfanden, den Staats- und Regierungschefs der Welt Ratschläge erteilte oder der muslimischen Führung in der arabischen Welt unschätzbare Ratschläge zur Wahrung der Rechte der Muslime erteilte oder als Präsident des All India Kashmir Committee die Rechte der Muslime in Kaschmir verteidigte oder der maßgebliche Einfluss seiner Schriften und Reden, mit denen er das Land während der Simon-Kommission, der Round-Table-Konferenzen und der Teilung Indiens leitete – Hadhrat Mirza Bashiruddin Mahmud AhmadRA spielte eine wahrhaft zentrale Rolle bei der Wahrung und Förderung der Rechte, der Freiheit und des Wohlergehens der Menschheit.
Abgesehen von seinen außergewöhnlichen Führungsqualitäten war er ein renommierter Gelehrter mit einem bemerkenswerten Umfang an religiösem und weltlichem Wissen. Seine herausragenden wissenschaftlichen Leistungen sind in einem mehrbändigen Werk mit dem Titel Anwāru l-ʿulūm festgehalten, das mehr als 200 Bücher, Vorträge und Aufsätze zu einer Vielzahl von Themen umfasst, darunter Religion, Politik, Philosophie und zeitgenössische Fragen. Die Revue der Religionen hat die Ehre, einige dieser akademischen Werke zu übersetzen und sie zum ersten Mal auf Deutsch zu veröffentlichen.
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Über den Autor: Shahzad Ahmed ist stellvertretender Redakteur von The Review of Religions. Er ist Imam der Ahmadiyya Muslim Jamaat und hat auch einen Bachelor (Hons.)-Abschluss in Anglistik. Er ist regelmäßiger Gast in Sendungen auf MTA International, einem internationalen Fernsehsender.
1. Mujeebur Rahman, Fazl-e-Umar (Tilford,Surrey:Islam International Publications, 2012), 9.
2. Hadhrat Mirza Ghulam AhmadAS, Tadkhirah (Farnham, Surrey: Islam International Publications Ltd, 2019), 171.
3. Hadhrat Mirza Masroor AhmadABA, Freitagsansprache vom 22. Februar 2019, https://www.alislam.org/friday-sermon/2019-02-22.html
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