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Vom dröhnenden Schweigen zum lautlosen Tadel: Schluss mit der herzlosen Starre 

»... blind sind die Herzen, die in der Brust sind.«

von Ansar Arshad

Nach der Phase der tosenden Stille zu Gaza erklingt in Deutschland eine leise Kritik an Israel, verpufft aber in Windeseile. Welche Methoden verhelfen uns zur richtigen Einordnung im moralischen Gefüge der Gerechtigkeit?

Im Zuge des Krieges in Gaza offenbaren sich nicht nur eklatante Brüche des Völkerrechts, die nicht von ungefähr kommen, sondern auch eine erschreckende Herzlosigkeit und Feigheit. Im Kult um den Intellekt verlieren viele Menschen den Faden der Empathie und den Zugang zu ihrer inneren Welt. Verkopftheit und Überrationalisierung kaschieren das Leid in Gaza und fungieren häufig als Schutzmechanismus gegen Ohnmacht und Verantwortung. Bloßes Schwadronieren dient nur zur Tarnung. Statt Kopfsache muss es zu einer Herzensangelegenheit werden. 

 »Denn fürwahr, es sind ja nicht die Augen, die blind sind, sondern blind sind die Herzen, die in der Brust sind.« (22:47) Dieser koranische Vers spiegelt auch die gegenwärtige Realität wider: Menschen – besonders politische Entscheidungsträger – sehen die Bilder aus Gaza, sie sehen das Leid, den Tod und die Zerstörung. Und doch handeln sie nicht angemessen, relativieren das Geschehen oder schweigen. Warum? Weil nicht die Augen blind sind – sondern die Herzen. Auch der Heilige Prophet Muhammad (saw) hob die Bedeutung der Herzensreform besonders hervor:

»Wahrlich, im Körper gibt es ein Stück Fleisch: Wenn es gut ist, ist der ganze Körper (die Taten) gut; und wenn es schlecht ist, ist der ganze Körper (die Taten) schlecht. Wahrlich, es ist das Herz.« (Sahih al-Bukhari)

Das Herz als spirituelles Habitat spielt eine fundamentale Rolle für die Menschlichkeit. Dieses »Habitat« gerät zunehmend ins Wanken und muss mit allen Mitteln behütet und geschützt werden. Wenn das Herz zum Opfer fällt, wiegen sich viele in trügerischer Sicherheit, die unbequeme Wahrheiten verdrängt. Es herrscht weder Gleichmut noch Dunkelheit, sondern eher ein Verharren in einer täuschenden Komfortzone. Es geht nicht darum, anders zu denken, sondern endlich zu fühlen.

Diese Haltung ist gleichermaßen in Teilen der deutschen Bevölkerung wie bei politischen Verantwortungsträgern zu beobachten. Während sich viele in der Gesellschaft bislang im bequemen Schweigen zurückhalten, agiert die Bundesregierung inmitten der fortdauernden systematischen und sukzessiven Vernichtung in Gaza, mutlos und ohne moralischen Kompass. Schweigen, Wegsehen und die Rhetorik der „Neutralität“ sind keine Tugenden, wenn Menschenrechte mit Füßen getreten werden. 

Im Heiligen Koran finden wir:

»Und helfet einander in Frömmigkeit und Rechtschaffenheit; doch helfet einander nicht in Sünde und Übertretung.« (5:3)

 Dieser Vers mahnt: Neutralität kann – je nach Situation – zur stillen Teilhabe an Ungerechtigkeit werden. 

Der Prophet Muhammad (saw) warnte eindringlich:

„Wer von euch etwas Verwerfliches sieht, der soll es mit seiner Hand (Maßnahmen) ändern; ist er dazu nicht in der Lage, dann mit seiner Zunge (Worten); und wenn er auch das nicht vermag, dann in seinem Herzen (missbilligen) – doch das ist der schwächste Glaube.“ (Ṣaḥīḥ Muslim)

Diese Stufen der Verantwortung machen deutlich, dass intellektuelle Distanz gefährlich werden kann: Wer weder handelt noch die Wahrheit ausspricht, läuft Gefahr, sich der Illusion hinzugeben, unschuldig zu bleiben.

Hannah Arendt, eine jüdische Philosophin und politische Theoretikerin, die vor den Nationalsozialisten fliehen musste, brachte es ebenfalls treffend auf den Punkt: 

Das Böse ist banal.

Oft ist es nicht nur der böse Wille, sondern auch Desinteresse, dass die Herzen verhärtet. Es wirkt wie ein schleichendes Gift, das in manchen Menschen eine passive Haltung fördert, oft ohne aktiven Vorsatz. 

So sagt unser allmächtiger Schöpfer: 

»Danach aber wurden eure Herzen verhärtet, bis sie wie Steine waren oder noch härter; denn unter den Steinen sind ja solche, aus denen Ströme hervorbrechen, und solche, aus denen Wasser fließt, wenn sie sich spalten. Und gewiss sind unter ihnen manche, die sich demütigen in der Furcht Allahs; und Allah ist nicht achtlos eures Tuns.« (2:75)

Diese Verhärtung macht das Leid der Unterdrückten unsichtbar. Intellektuelle Distanz wird so zu einem Schutzschild – nicht nur gegen Ohnmacht, sondern auch gegen die Pflicht, zu handeln.

Der Islam bricht diesen Kreislauf. Er ruft uns auf, Herz, Zunge und Hand zu vereinen – für die Wahrheit und gegen die Tyrannei. Denn wie der Prophet (saw) sagte:

»Der beste Dschihad ist, ein Wort der Gerechtigkeit gegenüber einem tyrannischen Herrscher zu sprechen.« (Sunan Abi Dawud)

Nur wer den Pfad vom kalten Denken zum warmen Fühlen beschreitet, kann die Ketten der Erstarrung sprengen und das wahre Gewicht von Mitmenschlichkeit tragen.

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