Aktuelle und soziale Themen

Rassenbeziehungen in den USA – wahre Gerechtigkeit und dauerhafter Frieden

Von Hassan Wahab, New Jersey, USA

Nach der Ermordung des Afroamerikaners George Floyd am 25. Mai 2020 in Minneapolis während einer Polizeikontrolle wurde die Brutalität der Polizei gegenüber Afroamerikanern in den Vereinigten Staaten und auf der ganzen Welt verurteilt und es gab dagegen zahlreiche Proteste.[i]

Es ist nicht das erste Mal, dass ein Afroamerikanischer in Amerika bei einer Polizeikontrolle gestorben ist (oder von Polizisten getötet wurde). Es war vielmehr die Art und Weise, in der Herr Floyd getötet wurde, die Millionen Menschen auf der ganzen Welt in Wut versetzt hat. Derek Chauvin, ein weißer Polizeibeamter aus Minneapolis, würgte Floyd zu Tode, indem er ihn am helllichten Tag mit dem Knie am Hals von Floyd zu Boden drückte, mit den Händen in der Tasche, während drei andere Polizeibeamte dabei zusahen. Floyd flehte 8 Minuten und 46 Sekunden lang, dass er nicht atmen könne – bis zu seinem letzten Atemzug.

Es wird niemanden überraschen, dass sich Amerika nicht wirklich mit seiner Vergangenheit hinsichtlich der andauernden ungerechten Behandlung von Afroamerikanern auseinandergesetzt hat. Viele haben argumentiert, dass die gegen Afroamerikaner begangenen Ungerechtigkeiten das Ergebnis von Rassismus und/oder der Vorherrschaft der Weißen sind – dem Glauben, dass die Weißen den Menschen anderer Ethnien überlegen seien und deshalb über sie herrschen müssten. Diese Ungerechtigkeit ist in der Geschichte Amerikas verwurzelt und hat soziale, wirtschaftliche, institutionelle und politische Auswirkungen. Rassismus hat unsägliches Leid für Afroamerikaner (und anderen ethnischen Minderheiten) in Amerika verursacht (und tut es weiterhin).[ii]

Sicherlich ist dies nicht das erste Mal, dass Afroamerikaner gegen offizielle Gewaltanwendung protestieren, die gegen sie gerichtet ist und Gerechtigkeit fordern, die sie nur selten erhalten haben.[iii] Afroamerikaner glauben nicht, dass das amerikanische Justizsystem ihnen Gerechtigkeit verschafft hat. Häufig werden Fälle, in denen Polizeibrutalität gegen sie angewandt wird, nicht strafrechtlich verfolgt und wenn doch, dann führen sie nicht zu Verurteilungen. Wie Dr. Martin Luther King Junior, bemerkte, wurde das Versprechen, das die US-Regierung den Afroamerikanern gab, nicht eingehalten.[iv]

Wie können wir dann die Ursachen von Ungerechtigkeit beseitigen? Wir haben das Glück, zu diesem Thema eine umfassende Wegweisung im Islam zu haben.

In seiner historischen Grundsatzrede vor dem Europäischen Parlament am 28. Februar 2013 bekräftigte Hadhrat Mirza Masroor Ahmad (möge Allah sein Helfer sein) das goldene islamische Prinzip, Frieden zu erlangen, mit den Worten:

»Wir sollten nicht tolerieren, dass andere ungerecht behandelt werden oder dass ihre Rechte missbraucht werden. So wie wir nicht akzeptieren würden, dass uns unsere eigenen Rechte genommen werden, so sollten wir auch nicht bereit sein, dies für andere zu akzeptieren.«[v]

Wahrer Frieden bedeutet auch, dass die Regierungen auf allen Ebenen die notwendigen Schritte unternehmen, um mit aller Entschlossenheit alle Strukturen der Ungerechtigkeit in der Gesellschaft abzubauen. Im Augenblick erleben wir eine globale Pandemie. Afroamerikaner (und andere Minderheiten) sind von den Auswirkungen des Covid-19 unverhältnismäßig stärker betroffen als die weiße Bevölkerung.[vi] Wir wissen, dass sie ebenfalls mehr als die weiße Bevölkerung Schwierigkeiten haben, Arbeit zu finden;[vii] und sie haben einen erschwerten Zugang zu Wohnungskrediten, was Untersuchungen zufolge ein Schlüsselfaktor für das Wohlstandsgefälle zwischen Schwarzen und Weißen darstellt.[viii]

Wie geht es weiter? Können uns die Lehren des Islam bei der Beseitigung von Rassismus und Ungerechtigkeit Orientierung bieten?

Allah erklärt im Heiligen Qur’an: »O die ihr glaubt, seid fest in Wahrung der Gerechtigkeit und Zeugen für Allah, mag es auch gegen euch selbst oder gegen Eltern und Verwandte sein. Ob Reicher oder Armer, Allah hat über beide mehr Rechte. Darum folget nicht niederen Begierden, damit ihr billig handeln könnt. Und wenn ihr (die Wahrheit) verhehlet oder (ihr) ausweichet, dann ist Allah wohl kundig eures Tuns.« (4:136)

Der Heilige Prophet Muhammad des Islam (Friede und Segnungen Allahs seien auf ihm) sagte bereits 632 n. Chr. in seiner Abschiedsansprache: »Ein Araber hat keine Überlegenheit über einen Nicht-Araber, noch hat ein Nicht-Araber irgendeine Überlegenheit über einen Araber; ein Weißer hat keine Überlegenheit über einen Schwarzen, noch hat ein Schwarzer irgendeine Überlegenheit über einen Weißen; außer durch Frömmigkeit und gute Taten.«

In der Tat hat das weltweite Oberhaupt der Ahmadiyya Muslim Gemeinde, Hadhrat Mirza Masroor Ahmad (möge Allah sein Helfer sein), die Welt, insbesondere die Politiker, wiederholt ermahnt, dass sie die goldene Regel der absoluten Gerechtigkeit anwenden müssen und dass die Welt ohne absolute Gerechtigkeit keinen wahren Frieden sehen wird.[ix]

Wahrer Frieden bedeutet daher, dass alle wohlwollenden Menschen bereit sein müssen, Gerechtigkeit einzufordern, wenn Unrecht geschieht. Politiker in ganz Amerika behaupten nun, dass sie nach der Ermordung von Floyd den systemischen Rassismus in Amerika erkannt haben und möchten, dass unverzüglich Maßnahmen ergriffen werden, um dem entgegenzuwirken.[x]

Dies ist in der Tat eines jener Momente, worauf das Zitat von Dr. King zutrifft: »Schweigen ist Verrat« Es kann keinen wirklichen Frieden geben, wenn das Justizsystem weiße Amerikaner gegenüber schwarzen Amerikanern (oder irgendeinem anderen) bevorzugt, während die Mehrheit ungestört zusieht, wie Afroamerikaner diese Ungerechtigkeit allein bekämpfen.[xi]

In seiner Freitagsansprache vom 13. September 2013, die aus der Bait-ul-Futuh Moschee in London übertragen wurde, erinnerte Hadhrat Mirza Masroor Ahmad (möge Allah sein Helfer sein) die politischen Führer an diese Ermahnung des Heiligen Propheten des Islam (Friede und Segnungen Allahs seien auf ihm):
»An jenem Tag, an dem es keinen anderen Schatten als den Schatten Gottes geben wird, wird Er in Seinem Schatten der Barmherzigkeit sieben Personen bedecken. Die erste Person wird der Imam-e-Aadil [der gerechte Führer] sein …. Am Tag des Jüngsten Gerichts wird Allah der Allmächtige denjenigen, der ein gerechter Führer ist, am liebsten haben und nahe bei Sich finden. Und der unbeliebteste und von Gott am weitesten entfernte wird ein grausamer Führer sein…. Wenn derjenige, der zum Wächter oder Verantwortlichen über die Menschen gemacht wurde, seiner Verantwortung nicht ordnungsgemäß nachkommt, oder wenn in ihrem Wohlergehen irgendein Mangel besteht, dann wird Allah der Allmächtige nach seinem Tod ihm das Paradies verwehren.[xii]

In einer anderen Überlieferung sagte Hazrat Aisha (Möge Allah an ihr Gefallen finden) als Antwort auf die Frage einer Person:
»Ich möchte euch über etwas informieren, was ich den Heiligen Propheten (Friede und Segnungen Allahs seien auf ihm) in genau diesem Haus sagen gehört habe. Er sagte: ›O Allah, wer auch immer aus meinem Volk zur verantwortlichen Person gemacht wird und sich ihm gegenüber streng verhält, so behandle auch Du sie mit Härte. Und derjenige, der unter meinem Volk verantwortlich gemacht wird und sanft und gütig unter meiner Ummah (Gefolgschaft) ist, so sei auch Du gütig zu ihm.‹«[xiii]

Seine Heiligkeit führte weiter aus:
»So ist die Zusammenfassung aller Lehren (in dieser Hinsicht) in diesem letzteren Hadith: »Seid nicht grausam und ungerecht zueinander.« Die Führer sollten nicht grausam zu den Bürgern sein, noch sollten die Bürger eine solche Tat begehen, die sich für die Erlangung ihrer Rechte als ungerecht oder unangemessen erweist.«

Während die Afroamerikaner Gerechtigkeit für die Ermordung von Floyd und die vollständige Überarbeitung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Strukturen Amerikas fordern, die gegen sie gerichtet sind, ist es angebracht, die Warnung des Heiligen Propheten (Friede und Segnungen Allahs seien auf ihm), die der Kalif der Zeit an die politischen Führer gerichtet hat, zu wiederholen. Wir hoffen, dass sie in der Lage sind, dies zu beherzigen.

Über den Autor
Hassan Wahab ist Redakteur der Rubrik Race & Equality des Magazines The Review of Religions. Gegenwärtig ist er Dozent für Politikwissenschaften an der Universität von Ghana, Legon. Er hat einen MA in African American & African Diaspora Studies und einen Doktortitel in Politikwissenschaften von der Indiana University Bloomington. Er war 7 Jahre lang geschäftsführender Herausgeber von Africa Today Journal an der Indiana University und Dozent für Sozialwissenschaften und Politikwissenschaften an Olive Harvey College, Kennedy-King College und der Chicago State University.

Referenzen
[i] https://www.washingtonpost.com/world/europe/thousands-gather-in-london-to-protest-racial-injustice/2020/06/03/09349e04-a59d-11ea-898eb21b9a83f792_story.html
[ii] https://www.washingtonpost.com/news/getthere/wp/2017/08/17/the-economic-impact-of-racism/
https://www.americanbar.org/groups/crsj/publications/human_rights_magazine_home/the-state-of-healthcare-in-the-united-states/minority-womens-health/
https://www.washingtonpost.com/health/racism-has-devastating-effects-on-childrens-health-pediatricians-warn/2019/08/02/ce5fc96a-b313-11e9-8f6c7828e68cb15f_story.html
https://www.cnn.com/2020/06/03/politics/black-white-us-financial-inequality/index.html
[iii] https://www.voanews.com/usa/timeline-us-race-riots-1965
[iv] https://kinginstitute.stanford.edu/king-papers/documents/i-have-dream-address-delivered-march-washington-jobs-and-freedom
[v] https://www.reviewofreligions.org/8733/the-key-to-peace-global-unity/
[vi]https://www.nationalgeographic.com/history/2020/04/coronavirusdisproportionately-impacts-african-americans/
https://www.cdc.gov/coronavirus/2019-ncov/need-extra-precautions/racial-ethnic-minorities.html
https://www.hopkinsmedicine.org/health/conditionsanddiseases/coronavirus/covid19-racial-disparities
[vii] https://www.americanprogress.org/issues/economy/reports/2020/02/24/480743/persistence-black-white-unemployment-gap/
[viii] https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&ved=2ahUKEwjvzLrN_uXpAhVzdc0KHTFTBxkQFjADegQIAhAB&url=http%3A%2F%2Fkirwaninstitute.osu.edu%2Fwpcontent%2Fuploads%2F2017%2F02%2Fimplicit-bias-housing.pdf&usg=AOvVaw1tWFPx4-GnhyhWWqfeIZAa
[ix] https://www.reviewofreligions.org/7854/the-path-to-peace-just-relations-between-nations/; and at the European Union Parliament in Brussels
[x] https://variety.com/2020/tv/news/political-leaders-reform-george-floyd-protests-sunday-news-shows-1234621422/
https://www.reuters.com/article/minneapolis-police-congress-idUSL1N2DF0SX
https://www.politico.com/newsletters/huddle/2020/06/02/lawmakers-struggle-to-return-to-normal-489402
[xi] https://www.cnn.com/2020/05/30/opinions/george-floyd-minneapolis-police-granderson/index.html
[xii] https://www.reviewofreligions.org/9947/syria-in-crisis/
[xiii] Sahihu Muslim, Kitabul-Imaarah, Babu Fadeelatil-Ameeril-‘Aadil wa Uqubatil-Jaa’ir…, Hadith No. 4722.

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