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Waqar Ahmad Ahmedi, Vereinigtes Königreich
„Ein großer Hirte“, „ein Apostel der Barmherzigkeit“ und „ein strahlendes Leuchtfeuer der Hoffnung“ – das sind nur einige der vielen Ehrungen, mit denen weltweite Führungspersönlichkeiten Papst Franziskus, das Oberhaupt der katholischen Kirche, nach seinem Tod im Alter von 88 Jahren gewürdigt haben.
In seiner Beileidsbekundung beschrieb Seine Heiligkeit Hadhrat Mirza Masroor Ahmad (aba), der Fünfte Kalif und das weltweite Oberhaupt der Ahmadiyya Muslim Gemeinde, ihn als einen „Mann des Mitgefühls, der Demut und des Glaubens, der bestrebt war, Brücken zwischen Menschen unterschiedlicher Religionen und Glaubensrichtungen zu bauen.“
Der Tod des Oberhaupts der größten christlichen Glaubensgemeinschaft weltweit – und gleichzeitig einer der ältesten internationalen Institutionen mit über einer Milliarde getauften Mitgliedern – markiert einen historischen Wendepunkt. Ebenso bedeutsam ist jedoch, was nun folgt.
Welche Rolle spielt der Papst, wie wird er gewählt, und welchen Einfluss hat das Papsttum in globalen Angelegenheiten?
Der Papst gilt als lebendiger Nachfolger des heiligen Petrus, einem der führenden Jünger Jesu (as) und dem ersten Bischof von Rom im ersten Jahrhundert nach Christus. Jesu (as) Aussage, Petrus sei der „Fels“, auf dem er seine Kirche bauen werde, sowie die Übergabe der „Schlüssel zum Himmelreich“ an ihn (Matthäus 16,18–19), sehen Katholiken als biblische Grundlage für das Papstamt. Alle Päpste gelten symbolisch als Nachfahren Petri.
Auch bekannt als „Stellvertreter Christi“ und „Heiliger Vater“, besitzt der Papst höchste Autorität innerhalb der katholischen Kirche. Neben der Bibel ist er die zentrale Quelle geistlicher Führung und prägt maßgeblich Glaubenslehre und kirchliche Praxis. Er residiert im Vatikan, dem Hauptsitz der katholischen Kirche und kleinsten unabhängigen Staat der Welt, wo er legislative, exekutive und judikative Gewalt ausübt.
Historisch haben auch Staatsoberhäupter und Vertreter anderer Religionen den Rat des Papstes in sozialen, politischen und moralischen Fragen gesucht. Besonders Papst Franziskus wurde als einheitsstiftende Persönlichkeit innerhalb des Christentums wahrgenommen und engagierte sich im ökumenischen Dialog mit orthodoxen und protestantischen Kirchenführern. Die Teilnahme zahlreicher prominenter Mitglieder von Königsfamilien, Präsidenten und Premierminister an seiner Beisetzung sowie Gedenkminuten bei Fußballspielen in Europa zeugen von dem weltweiten Respekt, der ihm entgegengebracht wurde.
Nach dem Tod des Papstes ist das Interesse an dem preisgekrönten Film Conclave, der erst im vergangenen Jahr erschien und die Papstwahl thematisiert, erneut gestiegen. Denn immer wenn ein Papst stirbt, beginnen sofort die Vorbereitungen für die Wahl seines Nachfolgers. Das sogenannte Konklave (aus dem Lateinischen cum clave – „mit Schlüssel“, was auf einen abgeschlossenen Raum hinweist) ist eine geheime Versammlung in der Sixtinischen Kapelle im Vatikan. Daran nehmen die Kardinäle teil – die ranghöchsten Geistlichen der Kirche –, die für die Wahl des neuen Papstes verantwortlich sind.
Heute beginnt das echte Konklave. Das Kardinalskollegium ist abgeschottet und darf während des Wahlprozesses keinerlei Kontakt zur Außenwelt haben.
Das Konklave beginnt mit einer feierlichen Messe, gefolgt vom Einzug der Kardinäle in die Kapelle, einem Eid zur Wahrung der Geheimhaltung und dem symbolischen Verschließen der Türen. Umgeben von Michelangelos Fresken, darunter das berühmte „Jüngste Gericht“, das an die Wiederkunft Christi und das letzte Urteil erinnert, werden die Kardinäle an die Tragweite ihrer Aufgabe und ihre Rechenschaft vor Gott erinnert. Währenddessen versammeln sich Gläubige auf dem Petersplatz in Gebet und gespannter Erwartung.
Jeder getaufte katholische Mann kann theoretisch zum Papst gewählt werden. In der Praxis stammt der neue Pontifex jedoch fast immer aus den Reihen der Kardinäle – und bisher meist aus Europa. Von den bislang 266 Päpsten kamen 217 aus Italien. Papst Franziskus, gebürtiger Argentinier, war der erste Papst aus Lateinamerika und der südlichen Hemisphäre. Bei der aktuellen Wahl stammen mehr als die Hälfte der 135 wahlberechtigten Kardinäle aus Ländern außerhalb Europas. Voraussetzung ist, dass sie unter 80 Jahre alt sind.
Die Kardinäle schreiben ihre Wahl auf eine Karte mit der lateinischen Formel „Eligo in Summum Pontificem“ – „Ich wähle zum höchsten Papst“. Selbstwahlen sind nicht erlaubt. Die Stimmzettel werden gefaltet in einen Kelch gelegt, von drei Auszählern laut vorgelesen und gezählt. Anschließend werden sie im Ofen der Kapelle verbrannt – mit speziellen Chemikalien, die schwarzen Rauch erzeugen, wenn keine Entscheidung gefallen ist, oder weißen Rauch, wenn ein neuer Papst gewählt wurde. Dieser Rauch steigt aus einem Schornstein über der Kapelle und ist auf dem Petersplatz für die wartende Menge deutlich zu sehen.
Für die Wahl ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Bis dieses Quorum erreicht ist, wird mehrmals täglich abgestimmt. Bleibt eine Entscheidung auch am dritten Tag aus, können die Kardinäle eine Gebetspause einlegen. Spätestens nach dem 33. Wahlgang –, wird die Entscheidung auf die beiden stimmenstärksten Kandidaten eingegrenzt und eine Stichwahl abgehalten.
Einige Konklave dauerten Wochen oder gar Monate, doch seit diversen Reformen beträgt die durchschnittliche Dauer seit Beginn des 20. Jahrhunderts drei Tage. Die Wahlen von Papst Franziskus und seines Vorgängers Benedikt XVI. dauerten jeweils nur zwei Tage.
Wurde ein Kandidat zum Papst gewählt, muss er dies offiziell vor dem Kardinalskollegium verkünden. Anschließend leisten die Kardinäle ihm nacheinander den Treueeid. Der neue Papst kann sich – wie üblich – einen Papstnamen wählen, oft zu Ehren eines verehrten Vorgängers oder Heiligen. Franziskus wählte seinen Namen zu Ehren des heiligen Franz von Assisi, der für seine Sorge um die Armen bekannt war, und den er „den Mann der Bescheidenheit, den Mann des Friedens und den Mann der Liebe und Schutz für die Schöpfung“ nannte. Auch seine Kleidung wählt der neue Papst – als Zeichen, wie er sein Amt versteht. Papst Franziskus etwa entschied sich für eine schlichte weiße Soutane und verzichtete bewusst auf das prunkvolle rote Schultercape mit Hermelin. Er erhält außerdem eine weiße Schädelkappe (Zucchetto) und rote Schuhe. Die vatikanischen Schneider haben im Vorfeld drei Ausführungen der Amtsgewänder in verschiedenen Größen vorbereitet.
Dann tritt der Kardinalsdekan vor das Volk und verkündet: „Annuntio vobis gaudium magnum; habemus Papam“ – „Ich verkünde euch eine große Freude; wir haben einen Papst.“ Der neue Pontifex erscheint daraufhin auf dem Balkon des Petersdoms und zeigt sich zum ersten Mal der Weltöffentlichkeit.
Papst Franziskus Eintreten für Frieden, Gerechtigkeit und Gleichheit – inspiriert vom Vorbild und den Lehren Jesu (as) – wird als sein größter Dienst und Vermächtnis in Erinnerung bleiben. Viele Menschen beten nun, dass sein Nachfolger diesen Weg fortsetzen wird.
Über den Autor: Waqar Ahmad Ahmedi ist Fachbereichsleiter für Religionswissenschaften an einer Schule in Godalming, Surrey, Großbritannien. Er ist zudem Mitglied des Redaktionsausschusses der Zeitschrift “The Review of Religions”.
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