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Die Macht der Israel-Lobby: Prof. Jeffrey Sachs über ihren Einfluss auf die US-Politik

Mittlerweile in Mainstream-Medien nicht mehr so gern gesehen: Prof. Jeffrey Sachs, der sich als US-Amerikaner nicht scheut, auch vor der eigenen Tür zu kehren.
www.flickr.com/photos/ifpri/ot

Prof. Jeffrey Sachs, führender amerikanischer Wissenschaftler und Analyst, äußert sich zu der enormen Macht der Israel-Lobby in den USA und den tiefgreifenden Auswirkungen auf die amerikanische Außenpolitik. In einem seiner vielen aktuellen Online-Interviews stellt er klar, wie diese Lobby die politischen Entscheidungen prägt und warum Diplomatie immer wieder auf der Strecke bleibt. Eine Zusammenfassung:

1 Dollar – eine Stimme

Sachs erklärt, dass die Macht der Israel-Lobby in den USA durch ihre finanziellen Ressourcen und den damit verbundenen politischen Einfluss maßgeblich ist. „Die Israel-Lobby ist einfach sehr mächtig und hat enorme finanzielle Ressourcen“, sagt er. „Die amerikanische Demokratie heißt 1 Dollar – eine Stimme. Es ist im Wesentlichen ein komplett korrumpiertes politisches System, das auf der Finanzierung teurer Wahlkampagnen basiert.“

Für Sachs wird die politische Landschaft durch diese enorme finanzielle Macht dominiert, was zu einer Situation führt, in der politische Entscheidungen weniger dem Wohl der Bevölkerung entsprechend bestimmt werden als durch die Interessen der finanziell starken Lobbygruppen. „Ein einzelner milliardenschwerer Spender hat mehr Einfluss als die Meinung von Millionen Amerikanern“, so Sachs weiter.

Schwindende Unterstützung

Sachs stellt fest, dass selbst unter den amerikanischen Juden, die traditionell eine enge Verbindung zu Israel hatten, die Unterstützung zunehmend schwindet. „Die Unterstützung für Israel bricht unter den amerikanischen Juden zusammen“, erklärt Sachs. Diese Entwicklung habe sich besonders durch die eskalierenden Ereignisse im Gaza-Streifen verstärkt, wo viele die israelische Politik zunehmend als „verabscheuungswürdig, illegal und mörderisch“ empfinden würden.

Trotz dieser wachsenden Kritik bleibt die politische Führung der USA weitgehend abseits der öffentlichen Meinung. „Die politische Klasse lebt nicht von der öffentlichen Meinung, sondern von Wahlkampfspenden“, so Sachs. Dieser Umstand ermögliche es der Israel-Lobby, ihre Agenda ohne größere Widerstände durchzusetzen.

Ein besonders deutlicher Kritikpunkt von Sachs richtet sich an die US-Regierung, die unter Präsident Biden weiterhin Waffenlieferungen nach Israel ermöglicht. „Es ist erbärmlich“, sagt Sachs. „Biden sieht, dass das, was passiert, entsetzlich ist, aber er handelt nicht. Dabei könnte er Netanyahu anrufen und sagen: ‚Keine Waffen mehr, nicht mit diesen Massentötungen.‘ Die USA könnten das in einem Tag beenden, wenn sie wollten.“

Stattdessen zeige sich die amerikanische Führung „schwach“ und „erbärmlich“. „Es ist nicht Zynismus, aber das Ergebnis ist zynisch. Die USA tun nichts, um das zu stoppen, obwohl sie es könnten“, ist sich der Professor sicher. Für Sachs stellt sich die Situation als eine absurde Tragödie dar: „Die USA versuchen nicht einmal, Diplomatie ins Spiel zu bringen.“

Internationale Isolation der USA

Sachs betont, dass die USA international immer mehr isoliert würden. „Praktisch niemand unterstützt das in der ganzen Welt“, sagt er und verweist auf die weltweite Ablehnung der israelischen Offensive, die in den Vereinten Nationen und vielen anderen internationalen Institutionen verurteilt wird. Besonders europäische Länder wie Deutschland, die oft schweigen, kommen für Sachs ebenfalls in die Kritik: „Deutschland und andere Länder schweigen aus historischen und politischen Gründen, obwohl sie wissen, dass das, was passiert, falsch ist.“

Für Sachs ist die Lösung des Konflikts einfach: „Es gibt andere Wege zur Sicherheit, als Zehntausende von Menschen zu töten und Hunderttausende zu verhungern. Aber daran besteht offenbar kein Interesse.“ Er fordert ein sofortiges Ende der Waffenlieferungen an Israel und eine Rückkehr zur Diplomatie. „Die Vereinigten Staaten könnten dies in einem Tag stoppen, wenn sie wollten“, so Sachs abschließend. Doch solange die Israel-Lobby den Kurs bestimme, bleibe eine friedliche Lösung des Konflikts unwahrscheinlich.

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gesamtes Interview auf:
https://www.youtube.com/watch?v=4BmtO04CXZc&t=0s

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