In der Freitagsansprache vom 01. November 2024 setzte Seine Heiligkeit Hadhrat Mirza Masroor (aba) die Erzählung über die Expedition Banu Quraiza fort.
Seine Heiligkeit (aba) zitierte Hadhrat Mirza Bashir Ahmad, der in seinem Werk über die Biographie des Propheten Muhammad (saw) die Vorwürfe bezüglich der Bestrafung des Banu Quraiza-Stammes entgegnet hat.
Hadhrat Mirza Bashir Ahmad kommt nach seiner Recherche zu der Einschätzung, dass durch das Urteil von Sa’d ungefähr 400 Männer des Stammes Banu Quraiza hingerichtet wurden.
Im Zusammenhang mit diesem Ereignis haben viele nicht-muslimische Historiker Vorwürfe gegen den Heiligen Propheten Muhammad (saw) erhoben. Sie versuchen ihn als einen grausamen und blutrünstigen Herrscher darzustellen. Solche Vorwürfe beruhen aber gänzlich auf Vorurteile gegen den Islam. So gibt es mehrere Gründe, die diese Vorwürfe entkräften.
Zuallererst sollte sich vor Augen geführt werden, dass dieses Urteil nicht durch den Heiligen Propheten Muhammad (saw) gefällt wurde, sondern durch Sa’d. Deshalb kann dieses Urteil zunächst einmal gar nicht dem Heiligen Propheten (saw) zugeschrieben werden.
Zweitens muss festgehalten werden, dass dieses Urteil für sich weder falsch noch ungerecht war.
Drittens war der Heilige Prophet (saw) in jedem Fall daran gebunden, das Urteil auszuführen, da Sa’d dies vor der Urteilsverkündung durch einen Schwur des Propheten Muhammad (saw) hatte bekräftigen lassen.
Viertens hatten die Straftäter dieses Urteil selbst akzeptiert und keinen Einspruch erhoben, sondern es als eine Bestimmung Gottes erachtet. Wenn dies also der Fall war, dann war es nicht die Aufgabe des Heiligen Propheten (saw), ins Geschehen einzugreifen.
Nachdem das Urteil seitens Sa’d gesprochen war, bestand die Aufgabe des Heiligen Propheten (saw) nur noch darin, dass dieses Urteil unter seiner Regierung auf die bestmögliche Art umgesetzt wird. So wurde bereits erwähnt, dass der Rahmen und die Umsetzung der Strafvollstreckung vom Heiligen Propheten (saw) auf eine Weise gestaltet wurden, die das höchstmögliche Beispiel an Güte und Mitgefühl beweist. Genauer gesagt ordnete der Prophet (saw) an, Unterkunft und genügend Nahrung für die Gefangenen zu besorgen, solange die Strafe nicht vollzogen wurde. Auch bei der Vollstreckung der Strafe achtete er auf die Gefühle der Straftäter und ordnete an, sie nicht zusammen, sondern einzeln zu exekutieren, sodass der Nächste die Todesstrafe seines Vorgängers nicht bezeugen muss. Zusätzlich war der Heilige Prophet (saw) während der Vollstreckung des Urteils selbst vor Ort, um etwaige Gnadengesuche von verurteilten Einzelpersonen unverzüglich zu billigen. Solche Leute wurden von ihm nicht nur verschont; ihnen wurden im Anschluss auch ihre Frauen, Kinder und Eigentum wiedergegeben. Kann es ein größeres Beispiel für Güte und Barmherzigkeit gegenüber Verbrechern geben? Diese Tatsachen machen nicht nur deutlich, dass den Heiligen Propheten (saw) kein Vorwurf bezüglich dieses Ereignisses trifft. Vielmehr sind sie ein Zeugnis seiner hohen moralischen Eigenschaften, bemerkenswerten Regierungsführung sowie seiner milden und barmherzigen Natur.
Da nun diese Faktoren alle Beschuldigungen von der Person des Heiligen Propheten (saw) abweisen, bleibt nur die Frage nach dem Urteil an sich. Aber auch in dieser Hinsicht kann bedenkenlos ausgedrückt werden, dass dieses Urteil kein Unrecht oder Grausamkeit enthielt, sondern vollumfänglich auf Gerechtigkeit beruhte. Um dies zu begreifen, muss sich das Verbrechen der Banu Quraiza sowie der Umstand, in dem sie es begangen, vor Augen geführt werden. Ebenso spielt auch die Vorgeschichte eine Rolle.
Als die Muslime nämlich nach nach Medina ausgewandert waren, schloss der Heilige Prophet Muhammad (saw) einen Bündnisvertrag mit den dort ansässigen jüdischen Stämmen der Banū Qainuqāʿ, Banū Nadhīr und Banū Quraiza. Die darin verankerten Abmachungen lauteten, dass die Muslime und Juden in Medina in Frieden und Harmonie koexistieren werden, miteinander freundschaftliche Beziehungen pflegen werden, die Feinde des Anderen nicht unterstützen oder mit ihnen Beziehungen eingehen werden, und im Falle eines Angriffs auf die Stadt Medina durch einen Stamm von Außen alle gemeinsam Medina verteidigen werden. Sollte eine Person oder irgendeine Gruppe, die dem Vertrag zugestimmt hat, sich des Vertragsbruchs schuldig machen, haben die anderen das Recht, harte Maßnahmen zu ergreifen. Außerdem werden Streitfälle dem Staatoberhaupt Muhammad (saw) vorgetragen, dessen Urteil auf der Grundlage des Vertrags bindend für alle betroffenen Parteien ist, während jedoch jede Person oder Gruppe nach ihrem eigenen religiösen Gesetz gerichtet wird.
Doch hielten die Juden Medinas diesen Bündnisvertrag ein? Die Geschichte zeigt, dass die jüdischen Stämme sich mitnichten daran hielten und den Vertrag wiederholt verletzten. Der Stamm Banu Qainuqāʿ machte sich als Erstes dessen schuldig. Er brach mit den Beziehungen zu den Muslimen und löste kriegerische Auseinandersetzungen aus. Auf derbe Art belästigten die Mitglieder dieses Stammes muslimische Frauen und lehnten die Führungspostion des Propheten Muhammad (saw) hochmütig ab, die er kraft der Konstitution von Medina besaß. Als sie von den Muslimen besiegt wurden, vergab ihnen der Heilige Prophet (saw) jedoch und beließ es bei der Vorsichtsmaßnahme, diesen Stamm für die Ordnung Medinas aus der Stadt zu verbannen. So konnten sie samt ihren Frauen, Kindern und beweglichen Besitztümern in Frieden und Sicherheit an einen anderen Ort auswandern.
Aber die verbliebenen beiden jüdischen Stämme missbrauchten diesen barmherzigen Umgang des Heiligen Propheten (saw). Der Banu Nadhir-Stamm brach als nächstes den Vertrag. Sein Anführer Ka’b bin Aschraf verschwor sich mit den Quraisch aus Mekka und stachelte die arabischen Stämme gegen die Muslime auf. Er betrieb Hetze und Propaganda im Land und verschonte auch die muslimischen Frauen nicht, die er in seinen Gedichten namentlich verschmähte und beleidigte. Er ging letztlich sogar so weit, ein Attentat auf den Heiligen Propheten (saw) zu veranlassen. Als er schließlich infolge seiner Verbrechen durch einen Befehl des Heiligen Propheten (saw) seine gerechte Strafe fand, war sein Stamm bereit, einen Krieg gegen die Muslime auszutragen. Seine Mitglieder missachteten die Vertragsbedingungen und planten einen Anschlag auf den Heiligen Propheten (saw). In ihrer Auseinandersetzung mit den Muslimen wurden sie darüber hinaus von dem dritten jüdischen Stamm, den Banu Quraiza, unterstützt. Nichtsdestotrotz wurden sie von den Muslimen bezwungen. Auch nach diesen Ereignissen ging der Heilige Prophet Muhammad (saw) mit Milde vor. Dem Banu Quraiza-Stamm vergab er gänzlich und den Banu Nadhir wurde befohlen, die Stadt zu verlassen. Doch sie zahlten diesen gütigen Umgang mit noch größerer Feindschaft zurück. Nach ihrer Vertreibung reisten ihre Häuptlinge durch ganz Arabien und schlossen sich mit den Quraisch und anderen mächtigen Stämmen Arabiens zusammen, um ein gewaltiges Heer zu bilden, mit dem Ziel, Medina anzugreifen, den Heiligen Propheten (saw) zu töten und die Muslime auszulöschen.
Die Banu Quraiza, der letzte verbliebene jüdische Stamm in Medina, zog keine Lehren aus den vergangenen Ereignissen und brach den Vertrag mit den Muslimen in einer solchen Lage, die für die Muslime höchst gefährlich war. Inmitten der Grabenschlacht, als die Muslime von tausenden von blutrünstigen Feinden umzingelt waren, brachen die Banu Quraiza den Vertrag. Sie kamen von ihren Festungen herunter und griffen die wehrlosen muslimischen Frauen und Kinder innerhalb Medinas an. Sie schlossen sich dem Pakt der feindlichen Allianz an, welche sich geschworen hatte, den Gründer des Islam und die Muslime auslöschen zu wollen. Unter solchen Umständen bedeuteten die Handlungen der Banu Quraiza nicht nur Vertragsbruch und Verrat, sondern auch einen gefährlichen Akt der Rebellion. Wäre der Plan der Banu Quraiza in der Grabenschlacht aufgegangen, so wäre in Anbetracht der enormen Gefahr durch die feindliche Allianz jedes muslimische Leben ausgelöscht worden. Also war es nicht nur ein einzelnes Verbrechen, das die Banu Quraiza begangen hatten, sondern eine Reihe von schweren Verbrechen. Es gibt keinen unvoreingenommenen Gerichtshof, der in solch einem Fall Milde mit dem Verbrecher walten lassen würde.
Welche andere Option blieb den Muslimen also? Zwar gab es theoretisch drei mögliche Strafen (1. Gefangennahme des gesamten Stammes, 2. Vertreibung des Stammes, 3. Hinrichtung der am Krieg Beteiligten und Gefangennahme des Rests), jedoch waren die ersten beiden Optionen in der konkreten Situation weder tragbar noch vernünftig. Für die Gefangennahme des gesamten Stammes gab es nicht genügend Unterbringungsmöglichkeiten und Versorgung. Während dies jedoch nur ein praktisches Hindernis darstellte, lag der Hauptgrund darin, dass es für die Sicherheit der Stadt und der Muslime viel zu gefährdend war, die wiederholten Straftäter der Banu Quraiza in der Stadt zu behalten. Die Muslime konnten natürlich nicht in Kauf nehmen, ihr eigenes Leben einer dauerhaften Gefahr und die Stadt einem hohen Sicherheitsrisiko auszusetzen.
Ebenso hatte die Vergangenheit gezeigt, dass eine milde Strafe in Form einer Verbannung auch nichts gebracht hatte. Schließlich waren es die Banu Nadhir, die nach ihrer Vertreibung das gesamte Land gegen die Muslime aufgewiegelt hatten und es dadurch zur Grabenschlacht kam.
Deshalb waren die ersten beiden Optionen keineswegs richtig, und hätten die Muslime sich dennoch dafür entschieden, würde es ihren eigenen Untergang herbeiführen.
So war das Urteil von Sa’d zwar eine harte Maßnahme, aber es führte kein Weg daran vorbei, was auch vom Historiker Margoliouth, der dem Islam gegenüber in der Regel nicht freundlich gesinnt ist, zugegeben wurde. Sogar er drückt aus, dass die Gefahr durch die Banu Quraiza viel zu groß war, weshalb man gezwungen war, zur harten Strafe zu greifen.
Außerdem ist die Konsequenz für Rebellion, vor allem im Kriegszustand, schon immer die Todesstrafe gewesen. Wenn kein strikter Umgang mit Rebellen an den Tag gelegt wird, bricht die Ordnung eines Staates zusammen und die Rebellen schaffen es, den Frieden und die Sicherheit der Gesellschaft zu zerstören. Gegenüber Rebellen Barmherzigkeit und Milde zu zeigen, hat auf der anderen Seite zur Folge, dem Staat und den friedliebenden Bürgern Unrecht zu tun. Deshalb haben zivilisierte Nationen Rebellionen schon immer mit der Todesstrafe verhängt und keine vernünftige Person hat einen Einwand dagegen.
Dementsprechend war das Urteil von Sa’d absolut gerechtfertigt und stand im Einklang mit den Prinzipien der Gerechtigkeit.
Außerdem darf man nicht vergessen, dass laut der Verfassung von Medina, der die jüdischen Stämme zugestimmt hatten, jede Person oder Gruppe von der Staatsgewalt gemäß ihrem eigenen religiösen Gesetz gerichtet werden sollte. Aus den Ereignissen der Geschichte lässt sich schließlich feststellen, dass der Prophet Muhammad (saw) aus diesem Grund das jüdische Gesetz heranzog, wenn es um Streitfälle der Juden ging. Und wirft man einen Blick auf die Thora in Bezug auf Verrat und Rebellionen, so wird deutlich, dass das Gesetz der Thora genau jene Strafe für solche Verbrechen vorsieht, wie sie von Sa’d verkündet wurde.
Nach der Erwähnung der Ausführungen von Hadhrat Mirza Bashir Ahmad sagte Seine Heiligkeit (aba) abschließend, dass dies die Antwort auf die Vorwürfe ist. Doch es gibt nach wie vor Leute, die diese Vorwürfe in den Raum werfen. Manche gehen sogar so weit zu sagen, dass das Leid, das den Palästinensern heute durch die israelische Regierung widerfährt, aufgrund des Ereignisses der Banu Quraiza gerechtfertigt sei. Dies ist jedoch nicht richtig, da die damaligen Verhältnisse nicht mit den heutigen verglichen werden können. Darüber hinaus werden heute sogar die palästinensischen Frauen und Kinder getötet.
Seine Heiligkeit (aba) sagte, dass es allein die Schuld der Muslime ist, (dass die Gegner solche Behauptungen wagen), das die Muslime den Islam für ihre persönlichen Interessen und Ziele opfern. Seine Heiligkeit (aba) betete, dass Allah sie dazu befähigen möge, dies zu verstehen.
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