Geschichtliches S.H. der Fünfte Kalif - Hadhrat Mirza Masroor Ahmad (aba)

Lehren aus der Geschichte: Vergebung und Amnestie in Zeiten des Konflikts

Was zur Zeit des Propheten Muhammad (saw) mit dem jüdischen Stamm von Banu Qainuqa geschah: Eine historische Analyse

aus der Freitagsansprache Seiner Heiligkeit, Hadhrat Mirza Masroor Ahmad (aba), vom 27. Oktober 2023

Als der Heilige Prophet (saw) von Mekka nach Medina auswanderte, lebten dort drei jüdische Stämme: die Banu Qainuqa, die Banu Nadhir und die Banu Quraiza. Sobald der Heilige Prophet (saw) in Medina ankam, schloss er mit diesen Stämmen Verträge für Frieden und Sicherheit und legte so den Grundstein für ein friedliches und harmonisches Zusammenleben. Gemäß diesen Vereinbarungen waren alle Parteien für den Frieden und die Sicherheit in Medina verantwortlich, und im Falle eines Angriffs von außen waren alle gemeinsam für die Verteidigung verantwortlich. Anfangs hielten sich die Juden an den Vertrag und schürten zumindest offen keine Konflikte mit den Muslimen.

Als sie jedoch bemerkten, dass die Muslime in Medina immer stärker wurden, änderten sie ihre Einstellung und beschlossen fest, diesem wachsenden Einfluss der Muslime ein Ende zu setzen. Zu diesem Zweck begannen sie, alle Arten von legalen und illegalen Plänen anzuwenden, und schreckten nicht davor zurück, einen Bürgerkrieg unter den Muslimen anzustiften. Es gibt eine Überlieferung, dass an einem Tag eine große Gruppe aus den Stämmen Aus und Khazraj zusammen saß und sich liebevoll und harmonisch unterhielt. Ein böswilliger Jude kam zu dieser Versammlung und begann, von der Schlacht von Bu’ath zu sprechen. Dies war der schreckliche Krieg, der einige Jahre vor der Auswanderung [der Mekkaner] zwischen diesen beiden Stämmen stattgefunden hatte und bei dem viele Menschen aus den Stämmen Aus und Khazraj aufeinander losgegangen waren.

Sobald dieser Krieg erwähnt wurde, wurden Erinnerungen an die Vergangenheit wach, und Szenen alter Feindschaft begannen vor den Augen einiger emotionaler Menschen abzulaufen. Das Ergebnis war, dass die Angelegenheit durch sarkastische Bemerkungen, Spott und Verleumdungen derart eskalierte, dass sich beide Parteien in derselben Versammlung in die Haare gerieten. Gott sei Dank wurde der Heilige Prophet (saw) rechtzeitig informiert und traf sofort mit einer Gemeinschaft der Auswanderer am Ort des Geschehens ein, beruhigte beide Parteien und wies sie mit den folgenden Worten zurecht: »Verfallt ihr in die Zeit der Ignoranz, noch während ich unter euch bin? Ihr schätzt die Gunst Gottes nicht, Der euch durch den Islam zu Brüdern gemacht hat.« Die Ansar waren von dieser Ermahnung so tief bewegt, dass ihnen die Tränen in die Augen traten und sie sich reumütig umarmten.

Nachdem die Schlacht von Badr stattgefunden hatte und Allah, der Erhabene, den Muslimen trotz ihrer geringen Zahl und Mittel einen überzeugenden Sieg über eine sehr starke Armee der Quraish gewährte, und die führenden Persönlichkeiten von Mekka zu Staub und Asche geworden waren, gingen die Juden von Medina vor Eifersucht in Flammen auf. Sie begannen, beleidigende Bemerkungen gegen die Muslime zu äußern und erklärten öffentlich in Versammlungen: »Na und, wenn ihr die Armee der Quraish besiegt habt? Lasst Muhammad (saw) gegen uns kämpfen, und wir werden zeigen, wie Kriege geführt werden.« Dies eskalierte so weit, dass sie in einer Versammlung sogar in Gegenwart des Heiligen Propheten (saw) solche Worte äußerten.

Es gibt dazu eine Überlieferung, dass der Heilige Prophet (saw) nach der Schlacht von Badr, als er nach Medina zurückkehrte, eines Tages die Juden versammelte, an sie appellierte und sie zum Islam einlud. Die jüdischen Stammesführer reagierten auf diese friedliche und mitfühlende Ansprache des Heiligen Propheten (saw) mit den Worten: »O Muhammad (saw), es scheint, als wärst du nach dem Töten einiger Quraish arrogant geworden. Diese Leute hatten keine Ahnung von Kriegsführung. Wenn du gegen uns kämpfen würdest, würdest du wahre Krieger kennenlernen.«

Die Juden beließen es nicht nur bei dieser Drohung, sondern es scheint, als hätten sie auch Verschwörungspläne geschmiedet, um den Heiligen Propheten (saw) zu töten. Es gibt eine weitere Überlieferung, dass in jenen Tagen ein gläubiger Gefährte namens Talhah bin Bara (ra) im Sterben lag und verfügte: »Wenn ich in der Nacht sterbe, so möge der Heilige Prophet (saw) nicht wegen meines Totengebets gerufen werden, um den Heiligen Propheten (saw) keiner Gefahr auszusetzen.« Nach der Schlacht von Badr begannen die Juden offen Unruhe zu stiften, und unter den Juden von Medina waren die Banu Qainuqa die mächtigsten und kühnsten, und sie brachen als erste den Vertrag. Historiker berichten:

»Unter den Juden von Medina waren die Banu Qainuqa die ersten, die den zwischen ihnen und dem Heiligen Propheten (saw) geschlossenen Vertrag brachen. Nach Badr begannen sie heftig zu rebellieren, äußerten offen ihre Feindseligkeit und brachen ihren Vertrag und ihre Vereinbarung.«

Doch trotz solcher Ereignisse bewiesen die Muslime unter der Führung ihres Herrn und Meisters in jeder Hinsicht Geduld und ließen sich in keiner Hinsicht den Führungsanspruch nehmen. Es wird berichtet, dass der Heilige Prophet (saw) nach dem Vertrag mit den Juden sogar besonderen Wert darauf legte, deren Gefühle zu schützen. An einem Tag brach ein Streit zwischen einem Muslim und einem Juden aus. Der Jude behauptete, dass Moses (as) über allen anderen Propheten stünde. Der Gefährte war darüber verärgert und ging mit dieser Person etwas hart ins Gericht, indem er antwortete, dass der Heilige Prophet (saw) der beste aller Gesandten sei. Als der Heilige Prophet (saw) davon erfuhr, war er unzufrieden und rügte den Gefährten, indem er sagte: »Es ist nicht deine Aufgabe, auf die Überlegenheit der Gesandten Gottes im Vergleich zueinander einzugehen.« Dann erwähnte der Heilige Prophet (saw) eine Auszeichnung von Moses (as) und tröstete somit den Juden.

Trotz dieses liebevollen Umgangs des Heiligen Propheten (saw) trieben die Juden weiter ihr Unwesen. Schließlich waren sie es, die einen Kriegsgrund schufen und ihre tief empfundene Feindseligkeit nicht mehr bändigen konnten. Es geschah, dass eine muslimische Frau zum Geschäft eines Juden auf dem Markt ging, um etwas zu kaufen. Ein paar feindselige Juden, die damals in dem Geschäft saßen, begannen sie auf höchst bösartige Weise zu belästigen und der Ladenbesitzer selbst beging die schamlose Tat, dass er den unteren Saum ihres Gewandes mit einem Dorn oder etwas Ähnlichem auf der Rückseite befestigte, während sie nichts ahnte. Als die Frau aufgrund deren unhöflichen Verhaltens aufstand, um das Geschäft zu verlassen, wurde der untere Teil ihres Körpers entblößt, woraufhin der jüdische Ladenbesitzer und seine Freunde in Gelächter ausbrachen. Empört schrie die muslimische Frau auf und rief um Hilfe. Es geschah, dass ein Muslim in der Nähe war, der zum Ort des Geschehens eilte, und in einem Streit der jüdische Ladenbesitzer getötet wurde. Daraufhin wurde der Muslim aus allen Richtungen mit Schwertern überhäuft und getötet. Als die Muslime in gemeinschaftlicher Entrüstung von diesem Ereignis erfuhren, quollen ihre Augen vor Wut über. Auf der anderen Seite wollten die Juden dieses Ereignis zum Vorwand für einen Kampf machen und versammelten sich in Form einer Menschenmenge, woraufhin ein Aufruhr ausbrach.

Als der Heilige Prophet (saw) von diesem Vorfall erfuhr, versammelte er die Stammesführer der Banu Qainuqa und erklärte, dass ein solches pöbelhaftes Verhalten nicht angemessen sei und sie solchen Unfug unterlassen sollten. Statt Bedauern und Reue auszudrücken, reagierten sie mit sehr störrischen Antworten und wiederholten ihre frühere Drohung: »Seid nicht überheblich wegen eures Siegs bei Badr. Wenn ihr gegen uns kämpfen werdet, werdet ihr die wahren Krieger kennenlernen.« Da dem Heiligen Propheten (saw) damit keine andere Wahl gelassen wurde, machte er sich mit einer Gruppe von Gefährten auf den Weg zu den Festungen der Banu Qainuqa. Dies war die letzte Gelegenheit für sie, Reue für ihr Handeln zu zeigen, aber stattdessen waren sie kampflustig. Daher wurde der Krieg erklärt, und die Streitkräfte des Islam und der Juden traten gegeneinander an.

In jener Zeit war es nach der damaligen Kriegsgepflogenheit üblich, dass eine Partei sich in ihren Festungen verschanzte und wartete. Die gegnerische Streitmacht belagerte die Festung und führte gelegentlich Angriffe durch, wenn sich die Gelegenheit bot. Dies würde so lange fortgesetzt, bis die belagernde Armee entweder die Hoffnung auf die Einnahme der Festung verlor und die Belagerung aufgab, was als Sieg für die Belagerten gewertet wurde; oder die belagerte Streitmacht würde die Kraft nicht aufbringen, um sich gegen die Angriffe zu verteidigen, und die Belagerten würden die Tore ihrer Festung öffnen und sich den Siegern ergeben. In diesem Fall wandten die Banu Qainuqa die gleiche Taktik an und verschanzten sich in ihren eigenen Festungen. Der Heilige Prophet (saw) belagerte sie und diese Belagerung dauerte fünfzehn Tage ohne Unterbrechung an. Schließlich, als die Stärke und der Hochmut der Banu Qainuqa gebrochen waren, öffneten sie die Tore ihrer Festungen unter der Bedingung, dass ihr Hab und Gut den Muslimen gehören würde, ihre Leben und Familien jedoch verschont blieben. Der Heilige Prophet (saw) akzeptierte diese Bedingung, obwohl alle diese Menschen nach dem mosaischen Gesetz zum Tode verurteilt waren und nach der ursprünglichen Vereinbarung das Urteil des mosaischen Gesetzes über sie hätte gefällt werden müssen.

Da dies jedoch das erste solche Verbrechen dieser Nation war, konnte die barmherzige und vergebende Haltung des Heiligen Propheten (saw) niemals zu einer extremen Strafe neigen, die nur als letztes Mittel verhängt werden sollte. Andererseits war es nicht weniger gefährlich, einen solch verräterischen und rebellischen Stamm in Medina zu belassen, als eine Schlange im Gras zu hegen und zu pflegen, zumal eine Gruppe von Heuchlern aus den Reihen der Aus und der Khazraj bereits in Medina anwesend war und der Widerstand ganz Arabiens die Muslime in große Bedrängnis gebracht hatte. Unter solchen Umständen konnte das einzige Urteil, das der Heilige Prophet (saw) fällen musste, nur sein, dass die Banu Qainuqa Medina verlassen sollten. Im Vergleich zu ihrem Verbrechen und unter Berücksichtigung der Umstände jener Zeit war dies eine sehr milde Strafe. Der Zweck dieser Strafe war jedoch die Sicherheit von Medina.

Dennoch war es für jene nomadischen Stämme Arabiens nichts Ungewöhnliches, von einem Ort zum anderen zu ziehen, insbesondere wenn ein Stamm kein Eigentum in Form von Land und Plantagen besaß wie die Banu Qainuqa. Dem gesamten Stamm wurde die Möglichkeit gegeben, von einem Ort zum nächsten zu ziehen, mit großer Sicherheit und in Frieden. Die Banu Qainuqa verließen Medina sehr friedlich und ließen sich in Richtung Syrien nieder. Der Heilige Prophet (saw) übertrug einem Gefährten namens Ubadah bin Samit (ra) die Aufgabe, die notwendigen Vorkehrungen usw. im Zusammenhang mit ihrer Abreise zu überwachen. Ubadah bin Samit (ra) begleitete die Banu Qainuqa für eine gewisse Strecke, und nachdem er sie sicher verabschiedet hatte, kehrte er zurück. Die Beute, die die Muslime erlangten, bestand nur aus Waffen und Werkzeugen ihres Berufs, nämlich dem des Goldschmieds.

Es wurde in verschiedenen Überlieferungen in Bezug auf die Banu Qainuqa berichtet, dass, als sie die Tore ihrer Festungen öffneten und sich dem Heiligen Propheten (saw) ergaben, es die Absicht des Heiligen Propheten (saw) war, ihre kämpfenden Männer hinzurichten. Auf Bitten von Abdullah bin Ubayy bin Sulul, dem Anführer der Heuchler, habe der Heilige Prophet (saw) sich jedoch von dieser Absicht distanziert. Forscher haben diese Überlieferungen jedoch als nicht authentisch eingestuft. Der Grund dafür ist, dass in anderen Überlieferungen ausdrücklich erwähnt wird, dass die Banu Qainuqa ihre Tore unter der Bedingung öffneten, dass ihr Leben und das Leben ihrer Familien verschont würden. Es ist absolut unmöglich anzunehmen, dass der Heilige Prophet (saw) nach Annahme dieser Bedingung einen anderen Handlungsweg eingeschlagen hätte.

Tatsächlich zeigt allein schon die von den Banu Qainuqa gestellte Bedingung – dass ihr Leben verschont bleiben solle – dass sie selbst wussten, dass ihre gerechte Strafe der Tod war. Sie appellierten jedoch an die Barmherzigkeit des Heiligen Propheten (saw) und waren bereit, das Tor ihrer Festung zu öffnen, nachdem sie die Zusicherung erhalten hatten, dass sie nicht die Todesstrafe erhalten würden. Doch obwohl der Heilige Prophet (saw) ihnen aufgrund seiner barmherzigen Natur vergab, scheint es, als ob diese Menschen nach dem Urteil Gottes, des Erhabenen, aufgrund ihrer bösen Taten und Verbrechen nicht mehr würdig schienen, auf der Erde zu leben. So wird berichtet, dass weniger als ein Jahr nach der Umsiedlung dieser Menschen an ihrem Verbannungsort eine Epidemie ausbrach, der der gesamte Stamm zum Opfer fiel und so zu Staub wurde.

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