Von Ayesha Mahmood Malik LLM (Harvard)
Am 28. Mai 2010 wurden zwei Moscheen der Ahmadiyya Muslim Jamaat in Lahore zum Ziel einer terroristischen Belagerung, die 86 Menschenleben forderte – der schlimmste Angriff, den die Gemeinschaft je erlebt hat. Im Staatsfernsehen und in den Nachrichten wurden die beiden Moscheen als »Gebetsstätten« anstelle von Moscheen bezeichnet, was zum Teil gesetzlich vorgeschrieben ist (der Oberste Gerichtshof Pakistans schreibt vor, dass die islamische Terminologie eine Schutzmarke des islamischen Glaubens ist und nicht von Minderheiten übernommen werden darf) und zum anderen aus Angst vor dem radikalen Klerus, der routinemäßig den Hass gegen die Ahmadiyya Muslim Jamaat in einem Land schürt, in dem die Gemeinschaft anhaltender Verfolgung ausgesetzt ist.
Die Ahmadiyya Muslim Jamaat ist eine Reformbewegung im Islam, die Ende des 19. Jahrhunderts von Hadhrat Mirza Ghulam AhmadAS in einem kleinen Dorf im indischen Punjab gegründet wurde. Die Gemeinschaft lehnt Terrorismus in all seinen Erscheinungsformen ab und setzt sich für weltweiten Frieden ein. Sie fordert Loyalität gegenüber dem Land, in dem man lebt sowie eine Trennung zwischen Religion und Staat und setzt sich für die Wahrung der Religionsfreiheit ein. Heute ist die Ahmadiyya Muslim Jamaat in mehr als 200 Ländern vertreten. Dennoch betrachten Mainstream-Muslime die Ahmadi-Muslime als Häretiker wegen ihres Glaubens, dass der Gründer ihrer Glaubensgemeinschaft, Hadhrat Mirza Ghulam AhmadAS, der Verheißene Messias ist.
Die besonders prekäre Lage der Ahmadi-Muslime ist nicht verwunderlich, in einem Land in dem religiöse Extremisten auf einem eigensinnigen Kurs beharren, um den Ruf des Heiligen ProphetenSAW zu schützen. 1974 wurde unter Zulfiqar Ali Bhutto in einem beispiellosen Zug die pakistanische Verfassung geändert, um Ahmadis vom Islam auszugrenzen, und seitdem sind sie systematisch der staatlich gestützten Verfolgung ausgesetzt.
Während neun Jahre später der Donner der bewaffneten Männer, die wahllos das Feuer auf die Gläubigen eröffneten, verhallt sein mag, ist die Ahmadiyya Muslim Jamaat weiterhin einer anhaltenden und steten Verfolgung ausgesetzt. Am 9. März des vergangenen Jahres erließ der Oberste Gerichtshof von Islamabad (IHC) ein Urteil1, in dem er erklärte, dass eine eidesstattliche Glaubenserklärung für jeden obligatorisch sei, der sich um eine Regierungs- oder Halbstaatsstelle bewirbt, einschließlich der Justiz, der Streitkräfte und des öffentlichen Dienstes. Darüber hinaus hat der Gerichtsvorsitzende des IHC, Shaukat Aziz Siddiqui, das Parlament beauftragt, alle notwendigen Gesetze zu erlassen, um sicherzustellen, dass Begriffe, die speziell für den »Islam« und die »Muslime« verwendet werden, nicht von Minderheiten zur Verschleierung ihrer Identität oder für andere Zwecke verwendet werden. Siddiqui machte es auch für alle Bildungseinrichtungen obligatorisch, muslimische Lehrer einzustellen, um Islamkunde zu unterrichten.
Das Urteil des IHC, das sowohl gegen allgemeine Menschenrechtsgrundsätze als auch gegen internationale Normen zur Religionsfreiheit verstößt, ist weit davon entfernt, die Anforderungen beider Grundsätze zu erfüllen. Vor allem aber garantiert der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR), den Pakistan am 23. Juni 2010 ratifiziert hat, nach Artikel 18 die Meinungs-, Gewissens- und Religionsfreiheit.2 Während Pakistan den Zivilpakt (ICCPR) ratifiziert hat, hat es jedoch auch weitreichende Vorbehalte, unter anderem zu Artikel 18, geltend gemacht, wonach diese Vorschriften in dem Maße angewendet werden, dass sie nicht im Widerspruch zu den Vorschriften der pakistanischen Verfassung und den Scharia-Gesetzen stehen. In Wirklichkeit bedeutet dies, dass Pakistan nicht an die Erwartungen gebunden ist, die Meinungs-, Gewissens- und Religionsfreiheit zu gewährleisten, wie sie der Zivilpakt (ICCPR) vorschreibt. Soweit solche Vorbehalte bestehen, ist es schwer vorstellbar, dass völkerrechtliche Maßnahmen ergriffen werden, um den Schutz der Rechte der Ahmadis zu gewährleisten.
Infolgedessen sind Ahmadi Muslime nach wie vor einer zielgerichteten Verfolgung ausgesetzt, so dass selbst ihre Gräber nicht verschont bleiben. Dazu gehört auch der Grabstein des ersten pakistanischen und muslimischen Nobelpreisträgers, des verstorbenen Professors Abdus Salam, der 1979 für seine Arbeiten zur Teilchenphysik den Nobelpreis erhielt. Während Salam auf der ganzen Welt geschätzt wird, wird er von seiner Heimat wegen seiner Glaubenszugehörigkeit geächtet. Die Inschrift seines Grabsteins wurde auf Befehl eines lokalen Magistrats entstellt. Während der Staat die Verfolgung von Ahmadis noch entschlossener zulässt, sind die Voraussetzungen für noch mehr Menschenrechtsverletzungen geschaffen.
Über die Autorin: Ayesha Mahmood Malik ist Redakteurin der Rubrik »Law & Human Rights« bei »The Review of Religions«.
Referenzen
1. Siehe, http://democracy-reporting.org/newdri/wp-content/uploads/2016/02/dri_briefing_paper_4_-gop_reservations_on_iccpr.pdf
2. Für mehr, siehe: http://democracy-reporting.org/newdri/wp-content/uploads/2016/02/dri_briefing_paper_4_-gop_reservations_on_iccpr.pdf
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