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Terrorbekämpfung in Österreich: Proaktiv oder populistisch?

Wann wandelt sich Wut in Terror und wie geht man damit um?

Yunus Mairhofer, Redaktion

In einem Artikel der österreichischen Tageszeitung DiePresse bezieht sich Farid Hafez, ein Politikwissenschaftler, der auf Islamophobieforschung spezialisiert ist, auf die Ermittlungen zu einem angeblich vereitelten Anschlag auf die Wiener Pride-Parade. Er zieht Parallelen zur umstrittenen “Operation Luxor”1. Hafez kritisiert, dass in beiden Fällen der Begriff Islamistischer Terror ohne jegliche Grundlage verwendet wurde.

Der Experte hebt hervor, dass die diesmaligen Ermittlungen und Festnahmen von drei Verdächtigen im Alter von 14, 17 und 21 Jahren, alle inzwischen wieder auf freiem Fuß, problematisch sind. Die Ermittlungen beruhten auf Informationen eines ausländischen Nachrichtendienstes, die noch nicht freigegeben und damit nicht gerichtsverwertbar sind.

Hafez zeigt sich besorgt, dass Sicherheitsdienste in Österreich ohne Kontrolle agieren und autoritäre Maßnahmen umsetzen. Er kritisiert zudem die Forderung der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) nach mehr Befugnissen zur Überwachung moderner Nachrichten- und Messengerdienste. Ebenso kritisieren die Verteidiger der jugendlichen Terrorverdächtigen die DSN und behaupten, dass es nie einen geplanten Anschlag gab und die Beweislage auf Informationen eines ausländischen Nachrichtendienstes basiert, deren Quelle jedoch nicht offen gelegt wird.

Die Vereinigung Österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte hat auch zu diesem Problem Stellung genommen und dieses Dilemma angesprochen; da der Staatsschutz von Hinweisen ausländischer Dienste auf potenzielle terroristische Straftaten berichtet, die konkreten Beweise jedoch nicht zur Verwendung freigegeben sind, führt dies zu einer schwierigen Situation. Entweder können die Anschlagspläne nicht aufgeklärt werden, oder es muss auf dünner Beweislage gehandelt werden. Dies birgt das Risiko, dass sich der Verdacht nicht bestätigt und die getroffenen Maßnahmen nachträglich als überzogen beurteilt werden.

Dass die Behörden Maßnahmen auf der Grundlage von Informationen ergriffen haben, die möglicherweise nicht verifizierbar sind, ist bedenklich. Dies könnte Auswirkungen auf die Rechte der Verdächtigen haben und andererseits Misstrauen gegenüber den Sicherheitsdiensten säen. Fragen darüber, wie die Behörden die Bedrohung eingestuft und kommuniziert haben, stehen jedenfalls im Raum.

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1 Die Operation Luxor war eine Reihe von Polizeiüberfällen auf fast 70 Privathäuser und Organisationen in ganz Österreich im November 2020, die hauptsächlich muslimische Gemeinschaften betrafen. Die Behörden behaupteten, dass diese Überfälle Teil einer wichtigen “Anti-Terror”-Operation waren. Etwa zwei Jahre nach der Operation Luxor in Österreich blieb von den Anschuldigungen kaum etwas übrig. Gerichte erklärten die Durchsuchungen teilweise für rechtswidrig und keiner der Beschuldigten wurde vor Gericht angeklagt, in Untersuchungshaft genommen oder verurteilt. Zahlreiche Verfahren wurden bereits eingestellt​.

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