Aktuelle und soziale Themen

Arbeit 4/7: Arbeitslosigkeit

»Ich will darauf hinaus, dass zum einen die Gewohnheit selbst zu arbeiten entwickelt und zum anderen keine Arbeit als minderwertig angesehen werden soll.«

hier zu Teil 1/7

von Chaudhry Masroor Ahmad, Frankfurt/Main


Arbeitslosigkeit

In einer aktuellen Sitzung mit den nationalen Amtsinhabern der Jugendorganisation der Ahmadiyya Muslim Jamaat in Finnland wurde Hadhrat Khalifatul Masih V. (ABA) gefragt, wie Menschen überzeugt werden können, einer Arbeit nachzugehen, welche den Standpunkt vertreten, nicht arbeiten gehen zu müssen, da sie ja ohnehin dieselben Einnahmen als Sozialleistung vom Staat erhielten. Der Kalif (ABA) entgegnete auf diese Frage:

»Fragen Sie die betroffenen Menschen, ob sie gerne Sadaqa geben oder nehmen? Der Heilige Prophet Muhammad (SAW) erklärte uns hier die Wegweisung im Islam: Die gebende Hand ist besser als die nehmende. Anstelle, dass wir als gute Ahmadi Muslime die islamischen Lehren befolgen, worin uns der Heilige Prophet Muhammad (SAW) erklärte, dass die »obere Hand« besser ist als die »untere Hand«, strecken die betreffenden Menschen ihre Hand aus für Unterstützungsleistungen und nehmen Sadaqa an. Eigentlich sollte ein junger Mensch, der gesund ist und die Fähigkeit hat, arbeiten zu gehen, nichts damit zu tun haben, Sadaqa zu nehmen. Jenen Menschen sollte vermittelt werden, dass dies sehr beschämend ist und sie mit dieser Einstellung ein Leben als Bettler verbringen. Jene Menschen sollten darüber nachdenken, ob sie in dem Falle, wenn sie in Pakistan wären, im Stande wären, ihr Leben als Bettler zu erdulden. Erst wenn sie in diese Länder kommen, benehmen sie sich wie Bettler.«15

In Bezug auf den indischen Subkontinent betonte Hadhrat Khalifatul Masih II. (RA):

»Es ist ein großes Laster unseres Landes, dass man bereit ist zu darben, nicht aber zu arbeiten. […] Es ist daher die Aufgabe der Gemeinde, Arbeit zu vermitteln. […] Wir sollen versuchen, dass jeder sich durch eigenhändige Arbeit versorgen kann. […] Damit diesem Makel Einhalt geboten wird, muss den Leuten verständlich gemacht werden, dass das Betteln ein schwerwiegendes Übel ist.«16

In Deutschland wird das Bürgergeld, zuvor Arbeitslosengeld II bzw. umgangssprachlich Hartz IV genannt, als Grundsicherung für Arbeitslose gezahlt, damit diesen ein menschenwürdiges Leben ermöglicht werden kann. Dabei soll es sich nach dem Willen des Staates nicht um eine dauerhafte Unterstützung handeln, sondern um eine kurzfristige Überbrückungshilfe. Nach dem Motto »Fördern und Fordern« erwartet das sozial- und arbeitspolitische Konzept zugleich, dass die Hilfeempfänger alles in ihrer Macht stehende unternehmen, um sich in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Den Arbeitssuchenden stehen dabei vielfältige Mittel vom Staat zur Verfügung: angefangen bei der aktiven Arbeitssuche und Bewerbungshilfen bis hin zu kostenlosen Schulungs- und Eingliederungsmaßnahmen. Arbeitssuchende sollten die staatlichen Angebote als einen großen Segen empfinden und den Willen zeigen, auch Jobs anzunehmen, die nicht unbedingt ihren Wünschen oder Qualifikationen entsprechen. Der (Wieder-) Eintritt in die Arbeitswelt gilt nicht als Hindernis, sondern als erste Voraussetzung, seine persönlichen Berufsziele zum Beispiel
in Form von Umschulungen, Abendschule oder Fernstudium weiterzuverfolgen. Die Langzeitarbeitslosigkeit birgt große Gefahren für die eigene persönliche Entwicklung und psychische Gesundheit. Betroffene Menschen laufen Gefahr, die Gewohnheit der Anstrengung zu verlieren. Ferner schwindet zunehmend ihre Selbstachtung und das Selbstvertrauen, woraus ein tückischer Teufelskreis entsteht.

»Sie rühren selbst keinen Finger und sie sind es, die Knechtschaft auf der Welt etablieren, weil sie sich daran gewöhnt haben, andere für sich arbeiten zu lassen. … Sie wollen, dass die Welt in einem Zustand konserviert bleibt, dass es immer eine Gesellschaftsschicht gibt, die ihnen dient. […] Ich will darauf hinaus, dass zum einen die Gewohnheit selbst zu arbeiten entwickelt und zum anderen keine Arbeit als minderwertig angesehen werden soll.«17

In der Praxis mag es immer wieder Randfälle geben, die es den Betroffenen trotz aller Anstrengungen unmöglich machen, einer geregelten Arbeit nachzugehen. Dies ist dennoch kein »Freifahrtschein« fürs Nichtstun:

»Falls eine Person nichts besitzt, sollte sie mit ihren Händen zu ihrem eigenen Nutzen arbeiten und auch Almosen geben. Falls sie nicht in der Lage sein sollte zu arbeiten, sollte sie einem notleidenden Bedürftigen helfen. Falls sie nicht einmal dazu in der Lage ist, sollte sie andere zur Tugend anhalten. Falls es ihr auch daran mangelt, sollte sie sich davon abhalten, Schlechtes zu tun. Auch das ist Wohltätigkeit.«18

Hadhrat Khalifatul Masih II. (RA) findet scharfe Worte für die Nichtstuer:

»In unserem Land haben diese Trägheit und Nachlässigkeit solche Ausmaße angenommen, dass schon gewöhnliche Leute es als unter ihrer Würde sehen, ihr Gepäck selbst zu tragen, während im Ausland große Millionäre ihre Sachen selber tragen. … Mancher Fußgänger zeigt eine derart verwünschte Trägheit, als hoffte er, mit jedem Schritt wie ein Pfosten auf der Stelle anzuwachsen. Hierzulande sind sogar jene, die arbeiten, Nichtstuer. Und die Faulen arbeiten gar nicht erst. Gott behüte uns vor solchen Menschen.«19

weiter zu Teil 5/7

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15 MTA/YouTube: »This Week with Hazoor«, vom 19.11.2021
16 Fackel für den Weg, Seite 107-109
17 Fackel für den Weg, Seite 156-157
18 Buchari, Muslim
19 Fackel für den Weg, Seite 159-161

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