Hadhrat Mirza Bashir-ud-Din Mahmud Ahmad - Khalifat-ul Masih II (ra) Wirtschaft

Das Wirtschaftssystem des Islam (Teil 2/17)

Von der Selbstlosigkeit wahrer Staatsmänner.

Hadhrat Mirza Bashiruddin Mahmud AhmadRA

zu Teil 1

Hadhrat Mirza Bashiruddin Mahmud AhmadRA, Khalifatul Masih II., war das zweite Oberhaupt der weltweiten Ahmadiyya Muslim Jamaat und der Sohn von Hadhrat Mirza Ghulam AhmadAS, dem Verheißenen Messias und Imam Mahdi. Er wurde 1914 im Alter von 25 Jahren in das spirituelle Amt des Kalifats gewählt und schulterte die Verantwortung, diese Institution für fast 52 Jahre furchtlos zu schützen. Er war zugleich ebenjener Verheißener ReformerRA, der dem Verheißenen MessiasAS von Gott prophezeit worden war.

Als exzellenter Orator hielt er weltweit unzählige Reden über eine Vielzahl von Themen. Er war ein wahrer Visionär und fantastischer Administrator, der die Organisationsstruktur der Ahmadiyya Muslim Jamaat etablierte, die nunmehr in über 200 Ländern präsent ist. Er war ein renommierter Gelehrter mit immensem Wissen. Die Anzahl der Bücher, Reden, Vorträge und Freitagsansprachen, die in Buchform veröffentlicht wurden oder vor der Veröffentlichung stehen, beträgt 1424.

Hier Teil 2 des in Lahore gehaltenen historischen Vortrags von Hadhrat Mirza Bashiruddin Mahmud AhmadRA.

Grundlegende Prinzipien der Staatsführung im Islam

Das Wirtschaftssystem des Islam erfordert ein spezifisches Staatsführungsumfeld, da kein System, wie gut es auch sein mag, außerhalb seines geeigneten Umfelds effektiv sein kann. Der Islam ist die erste Religion der Welt, die

  • ein System der repräsentativen Regierung (Demokratie) befürwortet, mit der Befähigung des Kandidaten als grundlegendes Kriterium für die Wahl
  • Autorität als eine Treuhandschaft definiert, nicht als ein Recht
  • erklärt, dass das grundlegende Ziel der Regierung sein muss, Ehre, Leben und Eigentum der Bürger zu schützen
  • die Regierenden auffordert, mit absoluter Gerechtigkeit und Unparteilichkeit unter den Einzelnen und den Gemeinschaften zu urteilen, und sie daran erinnert, dass sie letztlich vor Gott verantwortlich sind.

Kurzum, es gibt keinen Platz für eine Erbmonarchie im Islam. Es wird unmissverständlich erklärt: „Allah gebietet euch, dass ihr die Treuhandschaft jenen übergebt, die ihrer würdig sind“. Folglich billigt der Islam keine Erbmonarchie. Stattdessen schreibt der Islam vor, dass die Treuhandschaft der Herrschaft durch Wahlen an Menschen gegeben wird, die am besten in der Lage sind, diese Last zu tragen. Es ist die Pflicht der Muslime, die Fähigkeiten der Kandidaten sorgfältig zu bewerten und die Autorität zum Regieren den Besten unter ihnen anzuvertrauen.

Solange sich die Muslime an diese Anweisung des Heiligen Qur’an hielten, wählten sie Herrscher, die die vorgeschriebenen Kriterien erfüllten. Auch in der Zukunft, wenn die Muslime die Anweisung des Heiligen Qur’an befolgen, wären sie verpflichtet, Wahlen abzuhalten, um Menschen zu wählen, die die Angelegenheiten des Landes leiten. Außerdem wird von ihnen erwartet, dass sie niemanden nur aufgrund seines familiären Hintergrunds, seines Einflusses oder seines Reichtums wählen. Sie sollten auch niemanden wählen, nur weil er von einer mächtigen Gruppe unterstützt wird. Die grundlegende Überlegung bei der Wahl von jemandem sollte seine Fähigkeit sein, die Angelegenheiten des Landes zu verwalten. Gleichzeitig gebietet Gott den gewählten Herrschern, dass sie mit Fairness und Gerechtigkeit regieren. Dies war der Geist, der die Muslime trotz des Aufstiegs des Königtums unter ihnen zu Gerechtigkeit und demokratischen Normen neigen ließ.

Historische Illustrationen der islamischen Regierungsprinzipien

Gebet von Malek Shah

In seiner [Geschichte des Untergangs des Römischen Reiches] erzählt der berühmte christliche Autor Gibbon die Geschichte eines türkischen Königs, Malek Shah, der noch ein Jugendlicher war, als sein Vater (Alp Arsalan) verstarb. Nach dem Ableben seines Vaters erhoben drei andere Personen – Malek Shahs Bruder, ein Onkel und ein Cousin – Anspruch auf den Thron, was zu einem Bürgerkrieg führte. Nizamud-Din Toosi, der Malek Shahs Wesir [Minister] und zufällig ein Schiit war, überredete Malek Shah, das Grab von Imam Musa Riza zu besuchen, um Gebete zu verrichten. Nach den Gebeten fragte Malek Shah seinen Wesir, was das Ziel seiner geheimen Bitte gewesen sei. Der Wesir antwortete, dass er zu Allah gebetet habe, dass “deine [Malek Shahs] Arme mit dem Sieg gekrönt werden mögen.“ „Ich für meinen Teil”, antwortete der großmütige Malek, “habe den Herrn der Heerscharen angefleht, dass er mir mein Leben und meine Krone nimmt, wenn mein Bruder würdiger ist als ich, über die Muslime zu herrschen.“ Gibbon, ein christlicher Historiker, der dem Islam gegenüber zutiefst voreingenommen ist, sah sich dennoch gezwungen, in Bezug auf diesen Vorfall zu sagen, dass es historisch gesehen „nicht leicht wäre, ein reineres und großmütigeres Gefühl zu finden, als in dem Spruch des türkischen Prinzen enthalten ist“.

Woher kam dieser Geist? Wie wurde in den Herzen der Muslime verankert, dass die Herrschaft nicht das persönliche Recht eines Einzelnen ist, sondern eine Treuhandschaft, welche das Volk eines Landes dem Verdienstvollsten überträgt; ja, dass es die Pflicht des Herrschers ist, mit Gerechtigkeit zu regieren und die Rechte des Einzelnen zu erfüllen? Solch eine edle Ideologie und großartige Beispiele gibt es unter den Muslimen, weil der Heilige Qur’an die Muslime von Anfang an gelehrt hat, dass die Herrschaft etwas Anvertrautes ist, das nur durch Wahlen an die verdiente Person übergeben werden sollte. Sie kann nicht von einigen als ihr erbliches Recht in Anspruch genommen werden noch kann sie nach anderen Kriterien als dem Verdienst weitergegeben werden.

Ebenso muss derjenige, dem dieses Betraunis gewährt wird, alle damit verbundenen Pflichten erfüllen. Wer diesen Verpflichtungen nicht nachkommt, steht als Verurteilter vor Gott. Die Muslime haben den folgenden Vers immer im Hinterkopf behalten:

„…dass ihr die Treuhandschaft jenen übergebt, die ihrer würdig sind…“ (Der Heilige Qur‘an 4:59)

Das heißt, es sollten nur solche Personen mit diesem Vertrauen ausgestattet werden, die würdig sind und die Fähigkeit haben, mit administrativen Angelegenheiten umzugehen. Die Menschen, denen dieses Vertrauen geschenkt wurde, waren stets auf das Gebot aus dem Qur‘an bedacht, dass sie mit Integrität und Gerechtigkeit regieren müssen. Sie wussten, dass sie sich vor Gott zu verantworten hätten und dass sie für ihre Übertretung bestraft würden, sollten sie die Gerechtigkeit missachten und nicht ehrlich und gewissenhaft sein oder auf andere Weise des in sie gesetzten Vertrauens unwürdig werden.

Hadhrat UmarsRA Sorge an seinem Sterbebett

Die oben erwähnten Gebote aus dem Qur’an waren so tief in der Persönlichkeit von Hadhrat UmarRA verankert, dass es für manche erstaunlich sein mag. Er war der zweite Kalif des Islam, der enorme Opfer für den Fortschritt des Islam und der Muslime erbrachte. Sogar jene europäischen Autoren, die den Heiligen ProphetenSAW für gewöhnlich kritisieren und ihm (Gott bewahre) Unehrlichkeit in seinen Angelegenheiten vorwerfen, können nicht umhin zuzugeben, dass die Art und Weise, wie Hadhrat Abu BakrRA und Hadhrat UmarRA unermüdlich und selbstlos im Dienste der Menschheit gearbeitet haben, in der Geschichte beispiellos ist. Diese Autoren sprechen Hadhrat UmarRA ein besonderes Lob aus. Ihnen zufolge war er ein Mann, der mit völliger Hingabe Tag und Nacht arbeitete, um die Botschaft des Islam zu verbreiten und die muslimische Sache voranzubringen. Doch wie schätzte er sich, trotz seines unermüdlichen Einsatzes, seiner zahllosen Opfer und der Schmerzen und Leiden, die er um der Muslime willen ertrug, selbst ein? Er blieb achtsam gegenüber diesem Vers:

„Allah gebietet euch, dass ihr die Treuhandschaft jenen übergebt, die ihrer würdig sind;…“ (Der Heilige Qur‘an 4:59)

Und diesem:

„…und wenn ihr zwischen Menschen richtet, dass ihr richtet nach Gerechtigkeit…“ (Der Heilige Qur‘an 4:59)

Das heißt, wenn ihr durch das Gebot Gottes in ein Vertrauensamt berufen werdet und eure Landsleute und Brüder euch mit der Verantwortung des Regierens betrauen, dann müsst ihr mit Gerechtigkeit regieren.

Wie schmerzhaft ist die folgende Episode aus seinem Leben! Als eine Person – aus Dummheit und falscher Wahrnehmung, dass Hadhrat UmarRA ungerecht gewesen wäre – ihn erstach, lag Hadhrat UmarRA in Qualen auf seinem Sterbebett mit den folgenden Worten auf seinen Lippen:

„O mein Herr, ich bitte um keine Belohnung; nur ziehe mich nicht zur Rechenschaft für meine Unzulänglichkeiten.“ (Usdu l-ġāba, Bd. 4, S. 75)

Sein einziger Gedanke war: „O Herr! Du hast mir diese Autorität und Verantwortung anvertraut. Ich weiß nicht, ob ich meine Pflicht wirklich erfüllt habe. Nun ist die Zeit meines Todes nahe, und ich bin im Begriff, diese Welt zu verlassen und zu Dir zurückzukehren. O mein Herr! Ich frage nicht nach einer Entschädigung für meine Dienste, noch suche ich Belohnung. Stattdessen ersuche Dich nur um Deine Barmherzigkeit. Wenn ich bei der Erfüllung der mir übertragenen Aufgaben etwas falsch gemacht habe, bitte ich Dich um Vergebung.“

Hadhrat UmarRA war ein Mann von so hohem Kaliber, dass es schwer ist, in der Geschichte andere Beispiele zu finden, die seinem Sinn für Gerechtigkeit und Fairness nahekommen, und doch starb er unter dem Gewicht des Gebotes aus dem Qur’an:

„…und wenn ihr zwischen Menschen richtet, dass ihr richtet nach Gerechtigkeit…“ (Der Heilige Qur‘an 4:59)

Selbst bei seinem Tod war er ruhelos und beunruhigt. Er wog sich nicht in Zufriedenheit über all die Dienste, die er zum Wohle seines Volkes und zur Förderung der Sache des Islam geleistet hatte. Er hatte so große Dienste für sein Volk geleistet, dass nicht nur sein eigenes Volk, sondern auch andere diese anerkannten. Seine Dienste wurden zu seiner eigenen Zeit, aber auch 1300 Jahre später und von Leuten, die sonst dazu neigten, seinen Herrn anzugreifen, geschätzt. Doch all diese Dienste waren in Umars eigenen Augen nichts, und er flehte unruhig zu Gott: „Mir wurde eine Treuhandschaft gegeben, aber ich weiß nicht, ob ich diese Verpflichtung so erfüllt habe, wie es erfüllt werden sollte. Deshalb flehe ich Dich an, meine Fehler zu vergeben und mich vor der Strafe zu bewahren.“

Ich habe es für notwendig erachtet, das allgemeine Umfeld, das für die Etablierung des islamischen Wirtschaftssystems erforderlich ist, ausführlich zu beschreiben, denn egal, wie gut ein Samen ist, er würde nicht zu einem Baum heranreifen, wenn der Boden für sein Wachstum und seine Ernährung nicht geeignet ist. Andererseits kann auch ein gewöhnlicher Samen in einer nährstoffreichen Umgebung wachsen und zu einer Pflanze heranreifen. Somit ist die oben beschriebene allgemeine Umgebung die Voraussetzung für das islamische Wirtschaftssystem, das dem öffentlichen Interesse dienen soll.

Arten von Wirtschaftssystemen in der Welt

Die in der Welt vorherrschenden Wirtschaftssysteme lassen sich in drei Kategorien einteilen. Es gibt eine Kategorie von Wirtschaftssystem, das keinen festgelegten Regeln und Vorschriften unterliegt und nur der Einfachheit halber als System bezeichnet werden kann. Es gibt Nationen und Länder, die nie genau festgelegt haben, wie ihr Wirtschaftssystem funktionieren soll, und die auch keinen speziellen Plan oder eine bestimmte Politik zu diesem Zweck haben. Solche Gesellschaften unterscheiden nicht zwischen individuellen und nationalen Zielen und übernehmen aufgrund des Fehlens einer festgelegten Politik jede Idee, die bequem oder praktisch erscheint.

Das zweite System ist nationalistisch ausgerichtet, d. h. die Nationen versuchen nur, ihre kollektiven nationalen Interessen zu maximieren.

Das dritte System ist individualistisch, d. h. es gibt dem Einzelnen die Möglichkeit, selbst für die Verbesserung und den Fortschritt seines Landes zu arbeiten. Sowohl Arbeitnehmer als auch Kapitaleigentümer dürfen für ihre Rechte kämpfen und ihr Eigeninteresse verfolgen. Die Arbeitnehmer haben das Recht, ihre Löhne und Leistungen mit der Unternehmensleitung auszuhandeln, von der wiederum erwartet wird, dass sie klare Regeln und Vorschriften für die Arbeitnehmer aufstellt. Somit liegt der Schwerpunkt in diesem System auf dem Individuum.

Dies sind die drei grundlegenden Wirtschaftssysteme, die heute in der Welt existieren. Das erste System ist nicht an bestimmte Gesetze oder Regeln gebunden; das zweite System ist nationalistisch ausgerichtet, während das dritte vom Individualismus getrieben ist. Der Islam akzeptiert das erste System überhaupt nicht, denn das islamische System basiert auf vorgeschriebenen Prinzipien und Gesetzen, die die Menschen zu befolgen verpflichtet sind. Der Islam setzt auf Zweckmäßigkeit und Weisheit und billigt nicht die wahllose Einführung von wirtschaftspolitischen Maßnahmen. Ein System ohne gut durchdachte Gesetze ist vergleichbar mit dem Züchten von wilder Vegetation, die von selbst wächst. Ein islamisches System hingegen kann mit einem Landwirt verglichen werden, der einer festgelegten Routine bei der Aussaat, Bewässerung und Pflege der Pflanzen folgt. Er weiß, was er in seinem Obstgarten behalten und was er wegwerfen muss.

Lehren des Islam zum Aufbau einer gerechten Gesellschaft

Die Grundlage der islamischen Lehren, die ich zuvor beschrieben habe, ist für das Verständnis seiner Wirtschaftsphilosophie unerlässlich. Ich habe diese Konzepte ausgearbeitet, weil das islamische Wirtschaftssystem ohne sein notwendiges Umfeld nicht erfolgreich sein kann.

Wie ich bereits erwähnt habe, erkennt der Islam kein System an, das nicht auf einem Gesetz basiert. Stattdessen präsentiert der Islam einen Weg, der eine Kombination aus den beiden anderen Systemen (nationalistisch und individualistisch) ist. Als solches sind die Grundlagen des islamischen Wirtschaftssystems die gleichen wie die des Islam selbst, wie oben erwähnt.

weiter zu Teil 3

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  1. Sehr interessant! Schreiben Sie auch etwas über die Prügelstrafe in der Kindererziehung entsprechend der Islamischen Religion? Gewalt gegen Kinder dürfte…

  2. Mögen die Menschen aus der Geschichte endlich lernen, die Politiker ihre Verantwortung ernst nehmen und das Leben, das höchste Gut…

  3. Dieser Artikel müssten sich alle Politiker bei uns durchlesen und einmal durch das Herz gehen lassen bevor sie andere mit…

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