Hadhrat Mirza Bashir-ud-Din Mahmud Ahmad - Khalifat-ul Masih II (ra) Ramadan

Fasten: Läuterung der Seele

In der Mehrzahl der Religionen in den wenig, mittelmäßig und hoch entwickelten Kulturen ist das Fasten gleichermaßen vorgeschrieben. (Encyclopedia Britannica)

Hadhrat Mirza Bashiruddin Mahmud AhmadRA (1889-1965) war der zweite Nachfolger des Verheißenen MessiasAS und somit das zweite Oberhaupt der weltweiten Ahmadiyya Muslim Jamaat nach dem Ableben des Verheißenen MessiasAS. Seine Exegese des Heiligen Qur’an auf Urdu (at-tafsīru l-kabīr), bestehend aus zehn Bänden, ist weithin als ein einzigartiges Meisterwerk anerkannt. Die fünfbändige Exegese des Heiligen Qur’an (»Five Volume Commentary«) ist eine englische Übersetzung einiger Teile seiner umfangreichen Exegese und Notizen. Die Revue der Religionen präsentiert im Folgenden die Erläuterungen zu Vers 2:184, worin die wahre Bedeutung des heiligen Fastenmonats Ramadan und dessen Philosophie dargelegt werden.

»O die ihr glaubt! Fasten ist euch vorgeschrieben, wie es denen vor euch vorgeschrieben war, auf dass ihr euch schützet«

Das Gebot des Fastens – gleich welcher Form – ist in den meisten Religionen zu finden. Die frühzeitlichen Formen der Hingabe und des Fastens von BuddhaAS (s. Lalitavista & Buddhacharita), von MosesAS vor der Offenbarung der Zehn Gebote (s. Ex 34, 28; Dtn 9, 9), das Fasten JesuAS, bevor ihn der himmlische Ruf ereilte (Mt 4, 2), bezeugen allesamt die Wichtigkeit dieser Praxis. In der Tat ist das Fasten eine Art der Hingabe und Selbstdisziplin, die eine natürliche Anziehung auf den Menschen ausübt.

»In der Mehrzahl der Religionen«, so schreibt die Encyclopedia Britannica, »in den wenig, mittelmäßig und hoch entwickelten Kulturen ist das Fasten gleichermaßen vorgeschrieben. Und selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, so wird es dennoch in gewisser Weise durch das Individuum als Reaktion auf dessen natürliche Triebe praktiziert.«

Der oben angeführte Vers bedeutet nicht, dass das Fasten für Muslime in derselben Weise gilt, wie es den Menschen in früheren Religionen vorgeschrieben wurde. Der Islam hat diese Praxis mit einer Vielzahl von nützlichen Regeln und Restriktionen zu einem essenziellen spirituellen Teil des Glaubens werden lassen. 

Der [qur’anische] Nebensatz, »auf dass ihr euch schützet«, erklärt die tiefgründige Philosophie, die das Gebot des Fastens untermauert. Es ist eine besondere Charakteristik des Qur’an, dass, wann immer er ein wichtiges Gebot erteilt, er dies nicht willkürlich tut, sondern den Nutzen desselben so erklärt, dass der Empfänger von der innewohnenden Weisheit überzeugt und erfüllt wird. 

Der Zweck von ṣiyām oder Fasten wurde in diesem Vers mit der Erlangung von ṭaqwa [dt. gern als Gottesfurcht übersetzt] beschrieben.

Wie in Sure 2, Vers 3 erläutert, bedeutet das Wort ṭaqwa oder ittiqā, das im vorliegenden Vers aus dem Wort tattaqūn abgeleitet ist, »sich selbst zu schützen« zum einen vor Schaden und Leiden und zum anderen vor Schändlichem und Sünde. Somit weist der Vers darauf hin, dass das wahre Ziel des Fastens darin besteht, vor Schaden und Leid bewahrt zu bleiben und sich vor Sünde und Übel zu schützen. 

Durch das Fasten wird das erste Ziel auf zwei Arten erreicht: 

(1) Wenn ein Mensch schlechte Taten vollbringt und Gottes Strafe auf sich zieht, später jedoch bereut und sich Gott Buße tuend zuwendet, dient das Fasten als eine Sühne für seine Sünden.

(2) Das Fasten trainiert den Gläubigen nicht nur darin, Schwierigkeiten zu ertragen, sondern lässt ihn auch das Leiden seiner Brüder in Not erkennen und Mitgefühl für diese empfinden. Daher leistet das Fasten Großes, um Leid und Not der Menschen zu minimieren und zu beseitigen.

Das zweite Ziel, nämlich sich vor Sünde und Schändlichkeit zu schützen, wird ebenfalls durch das Fasten erlangt, da der Mensch sich während des Fastens nicht nur der Nahrungsaufnahme enthält, sondern auch zu einem gewissen Grad von weltlichen Bindungen Abstand zu nehmen sucht und sich nicht seinen Wünschen hingibt, was darin resultiert, dass die Gedanken natürlicherweise spirituellen Dingen gewidmet werden. Spirituelle Menschen aller Religionen bezeugen laut persönlicher Erfahrung einhellig, dass ein gewisser Grad der Unterbrechung physischer Beziehungen und weltlicher Bindungen für den spirituellen Fortschritt essenziell ist und einen mächtigen Effekt der Läuterung für den Geist darstellt.

Auf der anderen Seite kann es nicht verneint werden, dass eine zu lange Unterbrechung (der Nahrungsaufnahme sowie der Pflege weltlicher Bindungen) sicherlich zu einer Schwächung des Körpers in einem unerwünschten Maße führt, was einen daran hindert, nicht nur die sozialen und religiösen Verpflichtungen zu erfüllen, sondern auch Verführungen zu widerstehen, die eine nicht unbedeutende Widerstandskraft erfordern.

Deswegen folgt der Islam dem Weg der Goldenen Mitte.

Zwar schreibt er bis zu einem gewissen Grad die Enthaltung von materiellen Freuden vor, erlaubt jedoch keine derartige Schwächung des Körpers bis zu einem Zustand, in dem er seine normalen Funktionen nicht mehr erfüllen kann. Daher hat der Heilige ProphetSAW ein andauerndes Fasten ohne Unterbrechung verboten und sagte: »Du hast ein Anrecht auf dich und deine Familie hat ein Anrecht auf dich und deine Gäste haben ein Anrecht auf dich.« (Sunan at-Tirmiḏī) Bei einer anderen Gelegenheit sagte der Heilige ProphetSAW: »Wahrlich, ich bin der Rechtschaffenste unter euch allen, so faste ich manchmal und manchmal enthalte ich mich des Fastens, und so möget ihr es auch tun.« (Ṣaḥīḥ Buḫārī)

Das Fasten steht somit als Symbol der gänzlichen Opferbereitschaft. Jemand, der fastet, enthält sich nicht nur des Essens und Trinkens, ohne dem man nicht überleben kann, sondern auch des körperlichen intimen Kontakts zu seiner Ehefrau, was ansonsten ebenso ein Mittel ist, um für den Erhalt der kommenden Generation zu sorgen. Somit drückt der Fastende seine Bereitschaft aus, alles um der Wahrheit willen aufzuopfern, wenn es nötig ist. In der Tat bietet das Fasten eine wunderbare Trainingsgrundlage, um sich in Opferbereitschaft und Verzicht aus Liebe zu Allah zu üben. 

Es muss auch beachtet werden, dass der Vers (2:184) kein Gebot des Fastens beinhaltet, sondern dieses erst in den beiden nachfolgenden Versen (2:185-186) folgt.

Jener Vers bereitet die Muslime nur für das kommende Gebot vor, indem gesagt wird, dass das Fasten zum einen keine neue Angelegenheit sei, sondern bereits den früher lebenden Menschen vorgeschrieben war und zum anderen einen großen Nutzen mit sich bringt. Es ist des Öfteren der Fall, dass der Qur’an zunächst die Grundlage darlegt für ein Gebot, indem er einige allgemeine Bemerkungen und Erklärungen zum sich anschließend verkündeten Gebot liefert. Siehe dazu auch 2:143-145, wo eine ähnliche Vorgehensweise angewandt wird.

Quelle: Hadhrat Mirza Bashiruddin Mahmud AhmadRA: 5 Volume Commentary, Bd. 1, Islam International Publication Ltd., 2017, S. 292-292

Schlagwörter

Kommentar hinzufügen

Klicken Sie hier, um einen Kommentar zu posten

Aktuelle Freitagsansprache

Multimedia

Neueste Kommentare

  1. Mögen die Menschen aus der Geschichte endlich lernen, die Politiker ihre Verantwortung ernst nehmen und das Leben, das höchste Gut…

  2. Dieser Artikel müssten sich alle Politiker bei uns durchlesen und einmal durch das Herz gehen lassen bevor sie andere mit…

Archiv