Gott erfahren

Der frühe Vogel … klopft ans Fenster

Von einem Umstieg im Leben.

von Muhammad Yunus Mairhofer, Redaktion

Vielleicht ist es mittlerweile in die hiesige Gesellschaft durchgesickert. Bei Muslimen, die ihre Religion ernst nehmen, beginnt der Tag schon zeitig. Ṣalātu l-faǧr, das Morgengebet, soll bereits abgeschlossen sein, ehe die Sonne aufgeht.
Bevor ich vor nunmehr fünfzehn Jahren den Islam angenommen habe, war mein studentischer Alltag eher von langen Nächten und spätem Aufstehen geprägt gewesen.
Meine ersten Versuche, mich nachts meinem Herrn und Schöpfer hinzugeben, waren daher buchstäblich schleppend und entsprachen wohl nicht exakt den Anforderungen einer gelingenden Anbetung. 
Wie auch immer, habe ich nicht aufgegeben und auch das Erlernen der Gebetswaschung hat seinen Beitrag dazu geleistet, dass sich bald eine gewisse Änderung in meiner Routine vollzog.

Fünf Jahre lang hatte ich damals schon in einer WG gewohnt, auf deren kleinstes der fünf Zimmer ich mittlerweile umgestiegen war. Es war mit seinen 9m2 das kostengünstigste und hatte außer einer Kleiderstange und einer Matratze noch ein Dachfenster zu bieten, das in die Dachschräge mit Blick ausschließlich auf den Himmel eingebaut war. Auch die anderen Zimmer hatten solche Fenster. 
Die veränderten Alltagsgewohnheiten eines frisch gebackenen Muslims erregten unter meinen Mitbewohnern und Freunden jedenfalls schnell einen befremdlichen Eindruck. Ich hingegen war dermaßen fasziniert von der Botschaft des Islam, dass ich ihnen nichts anderes mehr anzubieten wusste. Genau von dieser Botschaft wollten sie, nach anfänglichem Abtasten, aber nichts Genaueres wissen.

Somit verbrachte ich diese letzten Wochen und Monate meines WG Daseins auf recht eigenbrötlerische Weise, hatte praktisch keine Freunde mehr und auch noch keine neuen unter den Muslimen. Aber störte mich das?

Ich schwöre bei Gott, der mein Leben in seiner Hand hält, dass Er selbst mir immer wieder Trost spendete. So zum Beispiel, wenn in der Morgendämmerung, als es Zeit war für das Gebet, mitten im 2. Wiener Gemeindebezirk plötzlich Tauben an mein einsames Dachfenster klopften und mich so aus dem Schlaf holten. Die ganzen Jahre zuvor war dies nicht ein einziges mal vorgekommen. Anfangs dachte ich, dass ich das nur geträumt hatte, doch die Taube blieb so lang sitzen, bis ich aufstehen konnte und sie mit eigenen Augen sehen. Erst dann flog sie weg. Dies ereignete sich mehr als einmal und machte mein Herz froher als hundert Freunde.

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