von Fayaz Ahmed
Was erwarte ich von einem Präsidenten oder einem gewählten Politiker? In erster Linie, dass er die Interessen des Volkes durchsetzt, dabei keinen privaten Nutzen daraus zieht und gerecht handelt. Was wir aber heutzutage sehen, ist, dass viele Politiker und Staatsoberhäupter ihre eigenen Interessen – und die der ihnen Nahestehenden – priorisieren. Als jüngstes Beispiel dient die am 2. Dezember 2024 verkündete absolute und bedingungslose Begnadigung von Hunter Biden durch seinen Vater, den (noch) amtierenden US-Präsidenten Joe Biden.
Unabhängig davon, ob die Begnadigung seines Sohnes gerechtfertigt war oder nicht, wirft es einen dunklen Schatten auf Joe Bidens letzte Tage als scheidender Präsident der Vereinigten Staaten. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass sein Sohn bereits schuldig gesprochen ist und Joe Biden im Vorfeld wiederholt ausgedrückt hatte, dass er sich ins Justizwesen nicht einmischen werde. Daher liest sich sein Statement mit bitterem Nachgeschmack und es entsteht der Eindruck, dass er seine Machtbefugnisse als Präsident in den letzten Tagen noch mal für persönliche Zwecke missbraucht hat, obwohl er »hoffe, dass die Amerikaner verstehen werden, weshalb ein Vater und Präsident zu solch einer Entscheidung kommt.« (https://www.bbc.com/news/articles/cjwl3venz39o)
Beim Lesen dieser Nachricht ging mir das gesegnete Beispiel des islamischen Propheten Muhammad (SAW) durch den Kopf, der tatsächlich ein vollkommenes Vorbild absoluter Gerechtigkeit war.
Nach den Worten seiner Frau Aisha war er die ›Verkörperung der qur’anischen Lehre‹ und wir sehen, dass der Gerechtigkeitssinn des Heiligen Propheten Muhammad (SAW) eben jener religiösen Schrift entspringt. So heißt es im Heiligen Qur’an:
»Allah gebietet euch, dass ihr die Treuhandschaft jenen übergebt, die ihrer würdig sind; und wenn ihr zwischen Menschen richtet, dass ihr richtet nach Gerechtigkeit. Fürwahr, herrlich ist, wozu Allah euch ermahnt. Allah ist allhörend, allsehend.« (Der Heilige Qur’an 4:59)
Doch es bleibt nicht nur bei einer allgemeinen Weisung. Ein zeitloses Prinzip, das das Fundament von Gerechtigkeit stärkt, finden wir an einer anderen Stelle des Qur’ans in den Worten:
»O die ihr glaubt, seid fest in Wahrung der Gerechtigkeit und Zeugen für Allah, mag es auch gegen euch selbst oder gegen Eltern und Verwandte sein. Ob Reicher oder Armer, Allah hat über beide mehr Rechte. Darum folget nicht niederen Begierden, damit ihr billig handeln könnt. Und wenn ihr (die Wahrheit) verhehlet oder (ihr) ausweichet, dann ist Allah wohl kundig eures Tuns.« (Der Heilige Qur’an 4:136)
Ein solches Verhalten also, wie das von Joe Biden bei der Begnadigung seines Sohnes, widerspricht eindeutig dem im Qur’an verankerten Prinzip, dass Gerechtigkeit weder persönliche noch familiäre Präferenzen kennen darf.
Im Islam gilt es als grundlegendes Prinzip, dass jeder Mensch – insbesondere Herrscher und Regierende – ihre Verantwortung als eine von Gott auferlegte Treuhandschaft betrachten müssen, für die sie Rechenschaft abzulegen haben. Der Heilige Prophet Muhammad (SAW) lehrte mit Nachdruck: Jeder ist ein Hüter und trägt Verantwortung für diejenigen, die ihm anvertraut und untergeordnet sind. (Sahih al-Bukhari)
All diese Worte sind keine bloße Theorie, sondern gelebte Realität. Muhammad (SAW) ging mit persönlichem Beispiel voran und lebte diese Art der Gerechtigkeit vor.
Der Gerechtigkeitssinn des Propheten (SAW) unbeeinflusst von familiären Beziehungen
So wird überliefert, dass zur Zeit des Propheten eine reiche Frau des Diebstahls überführt wurde. Nachdem er die Gesuche ihrer Familie auf Begnadigung aus bestimmten Gründen ablehnte, wandten sich diese an Hadhrat Usama bin Zaid (RA), in der Hoffnung, dass er aufgrund seines familiären Einflusses als Sohn eines vertrauten Gefährten des Propheten Gnade für sie erwirken könne. Als Usama bin Zaid (RA) daraufhin beim Heilige Propheten (saw) Fürsprache für die Frau einlegte, ärgerte sich der Prophet und tadelte ihn mit den Worten:
»Die Völker vor euch sind zugrunde gegangen, weil sie den Niedrigen rechtmäßig bestraften und den Angesehenen verschonten.« Dann fügte der Prophet (saw) hinzu, dass, selbst wenn es seine eigene Tochter Fatima (RA) gewesen wäre, die gestohlen hätte, er in diesem Fall nicht zögern würde, ihr die rechtmäßige Strafe aufzuerlegen. (Sahih al-Bukhari)
Falls an dieser Stelle der Einwand erhoben wird, dass es sich nur um ein mündliches Zeugnis handelt und kein praktisches Beispiel vorliegt, so gibt die folgende Überlieferung Antwort und bekräftigt erneut den ausgeprägten Gerechtigkeitssinn Muhammads (SAW).
Einst erhielt der Heilige Prophet (SAW) nach einer aufgezwungenen militärischen Auseinandersetzung Gefangene, die unter den Muslimen verteilt wurden. Seine Tochter Hadhrat Fatima (RA), deren Hände aufgrund der schweren Hausarbeit angeschwollen waren, bat um eine Gefangene als Bedienstete. Der Heilige Prophet (SAW) antwortete jedoch, dass er ihr diesen Wunsch nicht erfüllen werde, während es die ärmeren Mitglieder der muslimischen Gemeinschaft, die sich oft nichts zu Essen leisten konnten, zu versorgen galt.
Dieses Beispiel verdeutlicht die unerschütterliche Haltung Muhammads (SAW), besonders wenn es um seine eigene Familie ging. Obwohl Fatima (RA) als Mitglied der muslimischen Gemeinschaft Anspruch auf die ›Kriegsbeute‹ gehabt hätte, stellte der Prophet (SAW) das Wohl der Bedürftigen über das seiner Tochter und ermutigte sie, stattdessen Gott zu preisen und sich auf Ihn zu verlassen.
Während diese Taten eigentlich weltliche Angelegenheiten betrafen, ermahnte der Prophet (SAW) seine Tochter auch in spiritueller Hinsicht, dass alle Menschen vor Allah gleich sind und sie sich deshalb auch für den Eintritt ins Paradies nicht auf ihre Blutsverwandtschaft mit einem Propheten verlassen dürfe.
So demonstrierte der Heilige Prophet Muhammad (SAW) Zeit seines gesegneten Lebens das perfekte Beispiel eines gerechten Staatsoberhaupts – Prinzipien, die auch in unserer Zeit nicht nur anwendbar sind, sondern ein Garant für anhaltenden Frieden und Gerechtigkeit.
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