
Interview wurde geführt von Waqar Ahmedi, Großbritannien
»O die ihr glaubt! Fasten ist euch vorgeschrieben, wie es denen vor euch vorgeschrieben war« (Der Heilige Qur’an)
Andy Lewis ist Katholik und unterrichtet Religionsunterricht an der St. Bonaventure’s Catholic School in East London. Er ist Autor einer Reihe von Schul- und Lehrbüchern, regelmäßiger Blogger und Fachredner bei einer Reihe von regionalen und nationalen Lehrveranstaltungen.
Könnten Sie den katholischen Glauben in seinen wesentlichen Grundzügen beschreiben?
Die katholische Kirche lehrt, dass sie die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche ist, die von Jesus Christus gegründet wurde. Die Bischöfe gelten als die direkten Nachfolger der Apostel Christi, der Papst als Nachfolger des heiligen Petrus, dem Jesus Christus den Primat verliehen hat. Sie stützt sich auf drei autoritative Quellen – die Heilige Schrift (die Bibel), die Tradition und das Magistrat (die Autorität der Bischöfe).
Der Papst lebt heute in der Vatikanstadt, einem unabhängigen Staat innerhalb der Grenzen von Rom, Italien. Auf der ganzen Welt gibt es fast 1,5 Milliarden Katholiken.
Es gibt sieben Sakramente, wobei die Eucharistie als »Sakrament der Sakramente« sowie »Ursprung und Höhepunkt« gilt. Die Feier der Eucharistie wird in der Regel als Messe bezeichnet, und die Katholiken besuchen sie am Samstagabend (Vigil) oder am Sonntagmorgen. Einige besuchen sie täglich. Die Katholiken glauben, dass sie beim Empfang der Eucharistie tatsächlich den Leib und das Blut Christi zu sich nehmen.
Wann begann die Einhaltung des Fastens in Ihrem Glauben?
In der katholischen Tradition wird das Fasten oft mit Jesus in Verbindung gebracht, als er 40 Tage in der Wildnis verbrachte, und es hat eine lange Tradition in der christlichen Spiritualität. Es wird mit der Abkehr von der Sünde und der Rückkehr zu Gott in Verbindung gebracht; Jesus sagte, dass seine Jünger nach seinem Weggang fasten würden (Lukas 5,35). Das Fasten findet sich im gesamten Alten Testament und stammt somit aus der jüdischen Praxis. Heute ist es im Kanonischen Recht (dem Recht der katholischen Kirche) verankert, sodass es für praktizierende Katholiken eine »Pflicht« darstellt.
Wann wird gefastet, und gibt es irgendwelche Regeln?
Es gibt zwei Hauptarten des Fastens für Katholiken. In der Fastenzeit/österlichen Bußzeit (40 Tage vor Ostern) wird gebetet, gespendet und gefastet. Die gängige Tradition ist der Verzicht auf etwas, das als Luxus gilt – Süßigkeiten, Schokolade, Alkohol. Dies ist für alle Christen üblich, und ich kenne sogar nicht-religiöse Menschen, die sich dieser Praxis anschließen, weil sie es für gesund halten.
Katholiken fasten auch am Aschermittwoch (dem ersten Tag der Fastenzeit) und am Karfreitag – dies führt dazu, dass einige Katholiken, wie die »Daughters of Charity« (Töchter der Nächstenliebe), bei denen ich im Norden Äthiopiens lebte, jeden Mittwoch und Freitag fasten. Es ist üblich, dass durch das Fasten eingesparte Geld den Armen zu spenden, und so nutzt CAFOD – eine katholische Wohltätigkeitsorganisation für die Entwicklung in Übersee – dies als Spendenaktion, genannt Familienfastentag, jede Fastenzeit und jeden Advent.
Die Bischöfe in England und Wales haben die Freitagsabstinenz (ab September 2011) wieder eingeführt, d. h. den Verzicht auf Fleisch (und für manche auch auf Milchprodukte und Alkohol) an einem Freitag. Daraus hat sich die Tradition des »Fisch am Freitag« entwickelt – und ein Besuch in der Fish- & Chips-Bude! Das Fasten am Freitag ist ein Akt der Buße, der sich auf den Tag der Kreuzigung Jesu bezieht. Manche tun an einem Freitag andere Bußhandlungen, anstatt auf Fleisch zu verzichten oder zu fasten. Das traditionelle Fasten der Katholiken umfasst eine Mahlzeit und zwei kleinere Mahlzeiten (die zusammen weniger als eine übliche Mahlzeit ausmachen).
Viele andere Christen schließen sich diesen Praktiken an, und es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass das Fasten für Katholiken weltweit unterschiedlich gehandhabt wird – die Bischöfe der einzelnen Konferenzen (z. B. England und Wales, Schottland, Irland) können Entscheidungen über das Fasten und insbesondere die Abstinenz treffen.
Die letzte Fastenzeit für Katholiken ist die Zeit vor dem Empfang der Eucharistie – und es ist vorgeschrieben, eine Stunde lang vor der Messe nichts zu essen oder zu trinken.
Was sind die Vorteile und Herausforderungen des Fastens?
Papst Benedikt XVI. hat einmal gesagt: »Das freiwillige Fasten ermöglicht es uns, im Geist des Barmherzigen Samariters zu wachsen, der sich bückt und seinem leidenden Bruder zu Hilfe eilt.« Wir geben von unserem Überschuss ab, damit die Bedürftigen die Fürsorge Gottes erfahren können. Es ist auch eine Gelegenheit, unsere Laster in Tugenden zu verwandeln und in unserem hektischen Leben Zeit und Raum für Gott zu schaffen. Wir bringen unsere eigenen kleinen Opfer und Selbstverleugnungen, um Gott näher zu kommen. Die konkreten Dinge, auf die man verzichtet, müssen wichtig sein und vermisst werden – das gehört zum Wesen einer Herausforderung, sonst ist es kein Opfer. Das Fasten muss 40 Tage lang durchgeführt werden, was eine beträchtliche Zeitspanne ist.
Warum fasten Sie?
Auf persönlicher Ebene versuche ich, Momente der Selbstaufopferung in mein tägliches Leben einzubauen – mit großer Intensität und Konzentration während der Fastentage und -zeiten. Worauf kann ich verzichten? Was sind meine Ablenkungen? Was hindert mich daran, so zu sein, wie Gott mich haben möchte? In unserer modernen Welt gibt es viel mehr Ablenkungen und Versuchungen als bei den fastenden Israeliten, die sich auf eine lange Reise begeben wollten – deshalb ist es vielleicht schwieriger, aber vielleicht auch wichtiger als je zuvor.
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