Corona-Alltag eines angehenden Theologen
Inmitten der Corona-Pandemie haben wir Leser der Revue kontaktiert und Eindrücke zu ihrem persönlichen Lebensalltag in dieser Zeit gesammelt. In unserer Kurzinterviewreihe teilen wir diese Eindrücke und Erfahrungen mit unserer Leserschaft. Im letzten Beitrag der Reihe haben wir vom Alltag eines jungen Lehrers zu Zeiten von Corona und Kontaktsperren erfahren. Im folgenden Beitrag sprechen wir mit Herrn Munir, einem angehenden Theologen an der Jamia Ahmadiyya in Riedstadt.
Herr Munir, können Sie sich kurz vorstellen?
Mein Name ist Mahfooz Ahmad Munir. Ich bin in Leonberg bei Stuttgart aufgewachsen. Nach dem Schulabschluss studiere ich seit 2015 an der Jamia Ahmadiyya, dem Institut für islamische Theologie und Sprachen, und habe noch 2 Jahre vor mir.
Könnten Sie unseren Lesern kurz erklären, was Jamia Ahmadiyya ist?
Die Jamia Ahmadiyya bildet Imame (Theologen) aus. Die Wurzeln dieses Instituts reichen zurück in die Zeit von Hadhrat Mirza Ghulam AhmadAS, dem Verheißenen Messias und Gründer der Ahmadiyya Muslim Jamaat. Das siebenjährige Studium umfasst das Erlernen von Sprachen (Urdu, Arabisch, Persisch), aber auch die Aneignung religiösen Wissens über den Heiligen Qur’an, der Ahadith (Überlieferungen des Heiligen ProphetenSAW), die Werke des Gemeindegründers und islamische Geschichte sowie islamische Jurisprudenz, um nur einige der Studieninhalte zu nennen. Ziel ist es, in Deutschland aufgewachsene junge Muslime auszubilden, die in den Gemeinden seelsorgerische Tätigkeiten nachgehen, aber genauso einen wesentlichen Beitrag für das gesellschaftliche Miteinander leisten, indem sie die nicht-muslimischen Mitbürger über die islamischen Lehren aufklären und so Missverständnisse vorbeugen.
Infolge der Corona-Vorbeugungsmaßnahmen wurde auch ihr Institut geschlossen. Die Studenten sind auf das Home-Studium umgestiegen. Wie gehen Sie mit dieser Umstellung um und wie sieht ihre Tagesroutine zurzeit aus?
Klar ist, dass wir alle vor einer neuen Herausforderung stehen. Wir als Jamia-Studenten sind eigentlich daran gewöhnt, uns an einem sehr strukturierten und geregelten Tagesablauf zu halten. Nachdem jedoch die Corona-Vorbeugungsmaßnahmen getroffen wurden, hat auch unser Leben als Student eine neue Wendung genommen. Jetzt ist jeder auf sich selbst gestellt. Die Selbstdisziplin ist sehr gefragt, jetzt muss man selber seinen Tagesablauf planen und dafür sorgen, sich an dem zu halten, was von uns auch erwartet wird. Selbstdisziplin ist ein Teil unseres Studiums. Genauso wie wir auch Klausuren während des Studiums absolvieren, ist diese Situation auch eine Art Klausur, die wir alle gemeinsam meistern müssen. Eine Besonderheit unseres Instituts ist, dass es unter direkter Leitung des fünften Kalifen der Ahmadiyya Muslim Jamaat, Seiner Heiligkeit Hadhrat Mirza Masroor AhmadABA steht. Wir wurden von Seiner HeiligkeitABA zum Home-Studium angewiesen wir sind weiterhin dazu verpflichtet, unsere Aufgaben in diesem Zeitraum zu erledigen. Wir bemühen uns sehr darum, den Anweisungen und Erwartungen des Kalifen gerecht zu werden. Unsere Dozenten stehen in ständigem Kontakt mit uns. Dank der modernen Technologien werden regelmäßig Online-Vorlesungen abgehalten. Somit wird gewährleistet, dass wir unseren Lernstoff abarbeiten.
Das weltweite Oberhaupt der Ahmadiyya Muslim Jamaat, Hadhrat Mirza Masroor AhmadABA, geht in seinen Freitagsansprachen ausführlich auf die derzeitige Corona-Krise ein und gibt auch konkrete Anweisungen, wie man diese schwierige Zeit bewältigen kann. Was nehmen Sie für sich aus diesen Ansprachen mit?
Wir dürfen uns sehr glücklich schätzen, dass sich unter uns ein Mann Gottes befindet, der uns jeden Freitag rechtleitet und wertvolle Anweisungen an die Gemeindemitglieder weltweit gibt.
Seine HeiligkeitABA erwähnte in seiner Sonderbotschaft vom 27. März 2020, dass Al Hakam in diesen Tagen eine Artikelserie darüber begonnen hat, wie die Menschen während der Quarantäne zu Hause die Zeit verbringen. Er rief dann dazu auf, diese Zeit zu nutzen, um das Familienleben zu verbessern und sich um eine bessere moralische Erziehung seiner Kinder zu bemühen. Darüber hinaus sagte der KalifABA, dass die Familien gemeinsam die verschiedenen Sendungen auf MTA (internationaler Fernsehsender der Gemeinde) anschauen sollten. Am wichtigsten sei es, unsere Aufmerksamkeit auf das Gebet und die Reue zu richten. Ebenso appellierte Seine HeiligkeitABA an die Gemeindemitglieder, die Bücher des Verheißenen MessiasAS zu lesen, damit man sein Wissen über den Islam erweitern könne.
Angesichts dessen habe ich meinen Tag so strukturiert, dass ich den Anweisungen Seiner HeiligkeitABA bestmöglich Folge leisten kann.
Auch in seiner letzten Ansprache rief Seine HeiligkeitABA uns dazu auf, uns an staatlichen Vorsichtsmaßnahmen zu halten. Ebenso betonte Seine Heiligkeit wiederholt, dass wir sehr viel beten sollten, denn das ist die wirksamste Waffe gegen diese Pandemie. Das ist eine Richtschnur für uns alle.
Möchten Sie der Leserschaft der Revue noch etwas mitteilen?
Es ist offensichtlich, dass unser Leben sich erheblich verändert hat, jedoch sollten wir aus jeder schwierigen Situation das Beste machen. Jetzt haben wir die Zeit, darüber nachzudenken, was wir vorher falsch gemacht haben. Wir sollten aus den Fehlern lernen und unser Leben so verbringen, dass es der Menschheit besser geht. Etwas haben wir durch die Pandemie sicherlich gelernt; wir Menschen sind verwundbar und dass das Virus keinen Halt vor uns macht, ganz gleich welche Farbe, Herkunft, Nationalität und Religion wir haben mögen. Umso mehr sollten wir unseren Mitmenschen gegenüber hilfsbereit sein und Solidarität zeigen.
Zudem sollten wir nicht vergessen, dass wir einen Schöpfer haben, ganz gleich ob in guten oder schwierigen Zeiten. Wir sollten diese Zeit nutzen, um eine feste Bindung mit unserem Schöpfer aufzubauen. Möge Allah uns allen die Kraft dazu gewähren, diese Herausforderung zu bestehen, Amin.
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