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Eine Goldene Regel über Religionen und Philosophien hinweg

»Kommt herbei zu einem Wort, das gleich ist zwischen uns und euch!« (Hl. Qur’an 3:65) 
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von Yunus Mairhofer

Nie zuvor gab es in der Welt die Möglichkeit wie heute, sämtliche Quellen des Wissens und der Weisheit zu überblicken. Dies sollte auch dem interreligiösen Dialog Tür und Tor öffnen, endlich vermehrt die Gemeinsamkeiten zu entdecken. Das Heilige Buch der Muslime ruft dazu sogar gesondert mit den Worten auf: 

»O Volk der Schrift, kommt herbei zu einem Wort, das gleich ist zwischen uns und euch« (Hl. Qur’an 3:65) 

Die mit dem Christentum berühmt gewordene Goldene Regel ist ein glänzendes Beispiel für dieses gemeinsame Wort. Sie plädiert dafür, andere so zu behandeln, wie man selbst behandelt werden möchte. In der Bibelübersetzung von Buber-Rosenzweig liest sich das so:

»Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun sollen, das tut auch ihnen! Das ist das Gesetz und die Propheten.« (Matthäus 7,12)

Mit der Referenz zum Gesetz und den Propheten nimmt Jesus hier direkt Bezug auf die jüdische Thora. In Levitikus 19:18 sagt Gott nämlich:

»Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst; Ich bin der Herr.« 

Gefragt nach den jüdischen Geboten, bestätigt Jesus (as) auch an anderer Stelle des Neuen Testament die Wichtigkeit dieser Botschaft der Menschlichkeit. In Markus 12:30-31 heißt es:

»’Und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand und mit deiner ganzen Kraft.’ Dies ist das erste Gebot. Und das zweite ist ihm gleich: ‘Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.’«

Das zentrale Prinzip der Empathie und des Wohlwollens taucht auch in den Lehren des Konfuzius (as) auf, der lange vor Jesus (as) lebte. Konfuzius’ Version, bekannt als die Silberne Regel, ermutigt den Einzelnen, anderen nicht das anzutun, was er nicht möchte, das ihm angetan wird.

Gleichsam finden sich unter den griechischen Philosophen der Antike zahlreiche ähnliche Beispiele. In neuerer Zeit der Aufklärung prägte der Philosoph Immanuel Kant seinen Kategorischen Imperativ in folgende Worte:

 »Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.«

Kein Wunder also, dass auch im Islam dieses Gebot in einem Ausspruch des Propheten Muhammad (saw) Bestätigung findet. Sein einfacher Wortlaut ist:

»Keiner von euch ist ein wahrer Gläubiger, solange er nicht für seinen Bruder wünscht, was er für sich selbst wünscht.« (Sahih Bukhari 2/6/13)

Und in einer anderen Version:

»Wünsche dir für die anderen dasselbe, was du auch für dich wünschst. So wirst du ein wahrer Gläubiger. Sei ein guter Nachbar, so wirst du ein wahrer Muslim genannt.« (Sunan Ibn Māǧa)

Das Auftauchen dieser Weisheit an so vielen Punkten der Geschichte unterstreicht die Allgemeingültigkeit eines moralischen Kompasses, der die Zeit und verschiedene Kulturen überdauert. Auf unserem Weg durch das komplizierte Geflecht menschlicher Werte dienen solche gemeinsamen Grundsätze als Brücken, die das Verständnis und die Verbindung zwischen der reichen Vielfalt unserer globalen Gemeinschaft fördern.

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