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»Wahre Liebe« und der »perfekte« Lebenspartner…? – das weltweite Oberhaupt der Ahmadiyya Muslim Jamaat im Interview

»Was wir heute in der Welt als Liebe beschrieben finden, ist reine Fantasie. «

Amer Safir, London, Großbritannien

Bei einigen passiert es im College oder an der Universität, bei vielen, nachdem sie Jahre damit verbracht haben sich mit Online-Dating-Apps zu beschäftigen. Bei anderen kommt es durch Vorschläge von Eltern oder Freunden zustande. Eines ist sicher, die wahre Liebe zu finden, ist heute genauso wichtig für unser Leben wie in früheren Zeiten. Die Suche nach dem perfekten Lebenspartner hat für die meisten Menschen eine hohe Priorität bei ihren Lebenszielen. Und sobald wir unseren perfekten Partner gefunden haben, verzehren die Höhen und Tiefen einer Beziehung einen Großteil unserer Energie und Emotionen. Es wundert nicht, dass die meisten Spielfilme, Videos, Lieder und Fernsehsendungen von kraftvollen Themen wie Liebe und Beziehungen handeln.

Aber wie finden wir unseren Seelenverwandten, mit dem wir uns zutiefst verbunden fühlen und mit dem wir den Rest unseres Lebens glücklich verbringen können?

Natürlich ist die Art und Weise, wie wir nach wahrer Liebe suchen, sehr unterschiedlich und hängt von unserem sozialen Hintergrund, unserer Kultur, Religion oder Erziehung ab.

In der hiesigen westlichen Welt und zunehmend auch in von älteren Traditionen geprägten Gesellschaften hat sich die Dating-Szene in unserem digitalen Hightech-Zeitalter entwickelt, in dem Online-Dating alltäglich geworden ist. In Großbritannien sind über 7 Millionen Menschen auf Dating-Seiten registriert und es wird geschätzt, dass jede dritte Beziehung zunächst online beginnt. In den USA nutzen schätzungsweise 40 Millionen Menschen Dating-Websites. 

Im Gegensatz dazu schlagen in muslimischen Gemeinschaften oft Eltern oder Freunde einen passenden Partner für arrangierte Ehen vor. Dies ist nicht zu verwechseln mit »Zwangsehen«, bei denen junge Paare keine Wahl haben. 

Ich spreche hier von den Millionen solcher Ehen, bei denen Eltern, Ältere oder Freunde, die die Person gut kennen und Lebenserfahrung besitzen, eine Rolle dabei spielen, einen geeigneten Partner vorzuschlagen und bei denen letztlich das Paar selbst die Entscheidung der Wahl ohne Zwang trifft. Wenn beide einverstanden sind, gehen sie eine Beziehung ein, die erst dann wirklich beginnt, wenn sie formell durch eine Heiratszeremonie getraut worden sind. Dies ist nicht nur in muslimischen Gesellschaften der Fall; vielmehr spielen auch heute noch in vielen Hindu- und Sikh-Gesellschaften Freunde und Familie eine herausragende Rolle bei der Empfehlung von Partnerschaften. 

Es gab im Westen eine Zeit, in der es üblich war, dass der Mann beim Vater um die Hand seiner Tochter anhielt. Interessanterweise baten laut einer Umfrage aus dem Jahr 2016 77 % der Männer in den USA den Vater oder die Eltern des Mädchens um die Erlaubnis zur Heirat. Dies deutet zwar darauf hin, dass die Tradition im Westen anscheinend weiterhin gelebt wird, aber hat sie annähernd dieselbe Bedeutung wie in der Vergangenheit, abgesehen davon, dass sie eine Formalität ist? Für jene westlichen Paare, die diesen Brauch schätzen, würde dies heißen, dass der Einfluss der Eltern auf die Beziehungen ihrer Kinder nicht nur auf muslimische Gemeinschaften beschränkt ist.

Dating

Beim Dating entwickelt das Paar schon sehr früh in der Beziehung eine Anziehung und Bindung, vielleicht sogar eine Art »Liebe auf den ersten Blick«. Im Laufe der Zeit entwickelt sich dann eine festere Beziehung. Manchmal entscheiden sich die Partner dafür, zusammenzuziehen und zusammenzuleben, bevor sie eine formelle Verpflichtung einander gegenüber eingehen. Paare haben oft gemeinsame Kinder. Es kann sein, dass sie später irgendwann die Entscheidung treffen, zu heiraten, obgleich sich freilich nicht alle dafür entscheiden. In Westeuropa sinkt die Heiratsrate und die Anzahl der außerehelichen Kinder nimmt zu. Diese Raten unterscheiden sich von anderen Ländern, zum Beispiel von vielen traditionellen christlichen Gemeinden in den USA und in Südamerika. Es sei jedoch zu beachten, dass in den Fällen, in denen die Ehe geschlossen wird, nachdem das Paar sich häufig getroffen hat, sich in der Regel bereits eine intensive Beziehung entwickelt hat.

Islamische Partnersuche

Beim Modell der arrangierten Ehe hingegen kennen sich die Partner anfangs meist nicht sehr gut. Die Partner werden unter Berücksichtigung der gemeinsamen Interessen vermittelt und sie müssen letztlich entscheiden, ob sie den vorgeschlagenen Partner wählen möchten. Obgleich sie sich vor der Eheschließung in einem angemessenen Umfeld treffen und miteinander sprechen können, lernen sich die Paare in diesem Fall erst nach der Eheschließung wirklich kennen. Auch wenn das Paar sich vor der Ehe nur begrenzt versteht und kennt, gedeiht die Beziehung nach der Ehe und scheint sich Schritt für Schritt zu entwickeln.

Hadhrat Mirza Masroor AhmadABA, das weltweite Oberhaupt der Ahmadiyya Muslim Jamaat, hat in seinem Buch »Domestic issues and their solutions« [»häusliche Probleme und ihre Lösungen«] sehr eloquent und umfassend die muslimische Art und Weise der Partnersuche dargestellt. Im Islam basieren arrangierte Ehen nicht nur auf Glück und dem Abschätzen, wer der beste potenzielle Partner sein könnte. Vielmehr spielt auch die Spiritualität eine große Rolle. Darüber hinaus wird die nötige Sorgfalt darauf gelegt, dass das Paar voneinander erfährt und Freunde und Familie im bestmöglichen Interesse des Paares ihren Beitrag leisten. Dann betet das Paar ernsthaft zu Gott, dass Er dem Paar bei der Entscheidung helfen möge, ob der potenzielle Partner für eine lebenslange Partnerschaft geeignet ist. 

Viele sehen Träume, die sie dahingehend interpretieren, ob es gut oder ungünstig für sie ist, mit dem Eheprozess fortzufahren. Es ist jedoch nicht notwendig, dass jedem ein Traum über den Weg, den es zu beschreiten gilt, gezeigt wird; manchmal ist es vielmehr ein Gefühl, das in den Herzen der Betenden als Antwort auf ihre Gebete zu Gott entsteht und ihnen bei der Entscheidung hilft. In jedem Fall ist die Beziehung zu Gott ein Eckpfeiler der muslimischen Partnerschaft. Wie Seine Heiligkeit in seinem Buch erklärt, werden beim islamischen Nikāḥ oder Eheschließung Verse des Qur’an wiederholt, in denen fünfmal von Rechtschaffenheit und Gottesfurcht die Rede ist. Wenn die Partner sich stets daran erinnern, dass Gott auf sie schaut, werden sie nie etwas tun, um einander zu verletzen und sie werden immer ehrlich zueinander sein. Darüber hinaus betonen die islamischen Lehren mit Nachdruck, wie Ehemänner und Ehefrauen sich gegenseitig mit großer Liebe, Vergebung und Freundlichkeit behandeln sollten. Der Heilige ProphetSAW, der Gründer des Islam, sagte einmal, dass »der Beste unter euch derjenige ist, der am besten zu seiner Ehefrau ist …« 

Das Ziel

Mein Augenmerk richtet sich hier auf die Frage, wie das Konzept der »wahren Liebe« mit diesen unterschiedlichen Formen des Werbens – auf der einen Seite mit Dating und Liebesheirat und auf der anderen Seite mit arrangierten Ehen – vereinbar ist. Ich möchte untersuchen, woran die »wahre Liebe« innerhalb dieser unterschiedlichen Traditionen gemessen wird. Es war faszinierend für mich zu sehen, dass es ein so gegensätzliches Verständnis von Liebe an sich gibt. 

Um die Philosophie des Findens wahrer Liebe im Islam zu verstehen, war es für mich eine große Ehre, Seiner Heiligkeit Hadhrat Mirza Masroor AhmadABA, dem weltweiten Oberhaupt der Ahmadiyya Muslim Jamaat, dem Fünften Kalifen des Verheißenen MessiasAS, Fragen diesbezüglich stellen zu dürfen. Die Ahmadiyya Muslim Jamaat glaubt, dass ihr Gründer, Hadhrat Mirza Ghulam AhmadAS, der Verheißene Messias und Imam Mahdi ist, der von den Anhängern aller Religionen erwartet wird. 

In letzter Zeit haben wir in »The Review of Religions« äußerst aufschlussreiche Interviews Seiner Heiligkeit Hadhrat Mirza Masroor AhmadABA zu den Themen wie Cannabis, psychische Gesundheit und Hijab-Verbot in Schulen veröffentlicht, die eine wirklich einzigartige Sichtweise auf diese hochaktuellen Themen bieten. Bemerkenswert ist die Art und Weise, wie Seine Heiligkeit ein sehr breites Spektrum spirituellen und säkularen Wissens mit Logik und Vernunft verknüpft. 

Die Redaktion der Zeitschrift »The Review of Religions« ist Seiner Heiligkeit sehr dankbar, so viel kostbare Zeit zur Aufklärung dieses relevanten Themas gewidmet zu haben. Wir hoffen, dass die Leser von den Ausführungen Seiner Heiligkeit in hohem Maße profitieren werden.

Interview mit Seiner Heiligkeit Hadhrat Mirza Masroor AhmadABA, dem weltweiten Oberhaupt der Ahmadiyya Muslim Jamaat

Amer Safir: Eure Heiligkeit, ich habe Ihr Buch »Domestic issues and their solutions« [»häusliche Probleme und ihre Lösungen«] gelesen und mir detaillierte Notizen gemacht. Eure Heiligkeit hat die Ehe und die Beziehungsfragen im Islam sehr ausführlich behandelt. Eure Heiligkeit hat drei Kategorien angesprochen – Spiritualität, was sich in den Worten Eurer Heiligkeit widerspiegelt, dass bei der islamischen Eheschließung die Qur’an-Verse über die Rechtschaffenheit rezitiert werden und dass das Paar immer darauf achten sollte, die Bindung zum Schöpfer aufrechtzuerhalten. Zweitens sprach Eure Heiligkeit über Moral, wie zum Beispiel, dass man seinem Partner gegenüber immer ehrlich, freundlich und nachsichtig sein sollte. Schließlich ging Eure Heiligkeit auf praktische Aspekte ein und gab u. a. Anweisungen z. B. zum Umgang mit Schwiegereltern. 

Eure Heiligkeit, nach meinem bescheidenen Verständnis Ihres Buches bietet das islamische Konzept einen Ansatz, der für erfolgreiche Beziehungen angewandt werden muss und der Moral, Spiritualität und Praktikabilität beinhaltet. 

Eure Heiligkeit, meine Frage bezieht sich auf die Suche nach der »wahren Liebe« gemäß dem Islam. Im Westen beginnen Beziehungen oft mit einem Höhepunkt (an Gefühlen). Leute sagen, sie haben die »Liebe auf den ersten Blick« gefunden und dann führen sie ihre Beziehungen so fort. Im Gegensatz dazu kennen sich die Paare bei muslimischen Verbindungen oft nicht so gut und die Beziehung scheint sich allmählich zu entwickeln.

Eure Heiligkeit, wie definiert der Islam »wahre Liebe«? Ist die »Liebe auf den ersten Blick« nur eine Fantasie? Oder, wenn ich respektvoll fragen darf, wie verhält sich das Konzept der Liebe im Westen zum Islam, das Eure Heiligkeit in seinem Buch über Beziehungsangelegenheiten skizziert hat? Ist das westliche Konzept der Liebe mit dem islamischen Konzept vereinbar oder ist es nur eine Illusion?

Hadhrat Mirza Masroor Ahmad, weltweites Oberhaupt der Ahmadiyya Muslim JamaatABA: Es gibt eine Anekdote von einem sehr schönen Mädchen mit langem, wallendem Haar, das blond und kerngesund war. Ein Junge verliebte sich schwer in das Mädchen und machte ihm einen Heiratsantrag. Der Vater des Mädchens war vehement gegen diese Heirat und sagte dem Jungen: »Du liebst meine Tochter nicht wirklich, sondern nur ihre äußerliche Schönheit und ihre Erscheinung.« 

Der Junge persistierte: »Nein, nein, das ist nicht der Fall; ich liebe sie wirklich.« Und so beschloss der Vater, seiner Tochter ein Mittel zu verabreichen, das dazu führte, dass sie sehr erkrankte. Sie bekam eine Magenverstimmung und wurde sehr schwach, mager und kränklich. Der Vater schnitt dann mit einer Schere Strähnen vom Haar des Mädchens ab. Kurz gesagt, die körperliche und äußere Erscheinung des Mädchens geriet in einen entsetzlichen Zustand. Dann sagte der Vater zum Jungen: »Nun schau her, das ist meine Tochter. Liebst du sie immer noch? Wenn du sie liebst, dann heirate sie unter allen Umständen.« Daraufhin fing der Junge an, Ausreden vorzubringen, um sie nicht heiraten zu müssen. So legte der Vater die Haare des Mädchens, die er abgeschnitten hatte, in eine Schale. Dann sagte er dem Jungen: »Nun, da ihr alle Haare abgeschnitten und ihre äußerliche Schönheit hinfort genommen ist, sagst du, dass du sie nicht liebst. Nimm also diese Schale mit ihrem Haar und nimm all diese Dinge, denn das sind die Dinge, die du wirklich ›liebst‹. Geh nun fort und nimm all das mit dir.« 

Das war nur eine oberflächliche Liebe. Was hier in der Gesellschaft geschieht, ist, dass die Moral und der Charakter einer Person Aspekte sind, die degradiert und ignoriert werden, anstatt im Mittelpunkt der Zuneigung zu stehen. Wohingegen, wie ein Dichter einmal geschrieben hat, die materiellen und äußeren Merkmale der Welt nur vorübergehend und flüchtig sind und verblassen werden und die Liebe zu ihnen kurzlebig ist. Das ist keine echte Liebe. Deshalb muss man eine solche Liebe entwickeln, die eine wahre Liebe ist.

Einmal wurde Hadhrat AliRA von seinem Sohn gefragt: »Liebst du mich?« Hadhrat AliRA antwortete: »Ja.« Sein Sohn fragte ihn dann: »Liebst du Gott?« Hadhrat AliRA antwortete: »Ja.« Sein Sohn fragte daraufhin: »Wie können diese beiden Lieben koexistieren?« Hadhrat AliRA erklärte ihm: »Es ist meine Liebe zu Allah, die in mir die Liebe zu anderen Menschen entstehen lässt.«

In diesem Fall wird die Liebe zu einem anderen Menschen zweitrangig und die Liebe Gottes hat Vorrang und dominiert. Dies ist in der Tat spirituelle Liebe. 

Ferner finden wir zum Beispiel im Heiligen Qur’an, dass Allah der Allmächtige den Männern erlaubt hat, unter bestimmten Umständen und Bedingungen vier Frauen zu heiraten. Allah hat uns jedoch auch gelehrt, zu all unseren Frauen gerecht zu sein. Allah der Allmächtige weiß, dass es nicht möglich ist, alle genau gleich zu lieben, da es oft ganz natürlich ist, die eine mehr zu lieben als die andere. Es ist jedoch der äußere Ausdruck der Zuneigung, der allen gegenüber gleich sein sollte. Man sollte jeder Frau jeweils einen Tag widmen, den man mit ihr verbringt. Man sollte alle Kinder einer jeden Frau gleich behandeln. 

Kurz gesagt, man sollte darauf achten, wie sie ihre Gefühle und Empfindungen zum Ausdruck bringen. Liebe kommt aus dem Herzen; man sollte jedoch nicht mehr Liebe für eine Frau als für die andere ausdrücken, denn das würde ihnen offensichtlich einfach das Herz brechen. Allah der Allmächtige ist sich dieses Aspekts bewusst. 

Einmal sagte Hadhrat AishaRA [Ehefrau des Heiligen ProphetenSAW] zum Heiligen ProphetenSAW über Hadhrat KhadijahRA [die erste Ehefrau des Heiligen ProphetenSAW, die verstorben war], dass sie eine alte Frau gewesen sei, warum also erinnerte er sich an sie, wenn Allah der Allmächtige ihm jüngere, schönere Ehefrauen gegeben hatte? Der Heilige ProphetSAW riet Hadhrat AishaRA, solche Bemerkungen zu unterlassen, indem er sagte: »Hadhrat KhadijahRA unterstützte mich, als die ganze Welt mich verachtete. Allah der Allmächtige hat mir zudem Kinder nur durch sie geschenkt.«

Hier stellen wir nun fest, dass für den Heiligen ProphetenSAW die Liebe Allahs, des Allmächtigen, über allem stand. Der Heilige ProphetSAW schätzte es besonders, dass die Gnade Allahs, des Allmächtigen, erstmals durch Hadhrat KhadijahRA manifestiert wurde. Sie war die erste, die ihn akzeptierte, und auch durch sie wurden die Nachkommen des Heiligen ProphetenSAW geboren. 

Da der Heilige ProphetSAW Hadhrat AishaRA sehr liebte, erheben einige den Vorwurf, er habe sie wegen ihres jungen Alters geheiratet. Wir sehen jedoch, dass der Heilige ProphetSAW ziemlich unzufrieden war, als Hadhrat AishaRA einmal eine negative Bemerkung über eine andere Frau machte. Er sagte: »Aisha, wenn das, was du gerade gesagt hast, ins Meer geworfen werden würde, das Wasser im Meer würde bitter werden.« Der Heilige ProphetSAW meinte damit, dass Hadhrat AishaRA von solchen Äußerungen Abstand nehmen sollte. Der Prophet stimmte somit nicht einfach mit allem überein, was Hadhrat AishaRA sagte. 

Wir finden ein weiteres Beispiel, das nicht direkt damit zusammenhängt, aber dennoch zum Thema passt: 

Eine ältere Ehefrau des Heiligen ProphetenSAW, [Hadhrat MaimoonaRA], verstarb 50 Jahre nach dem Ableben des Heiligen ProphetenSAW. Sie hatte vor ihrem Tod darum gebeten, dass sie nach ihrem Dahinscheiden an genau der Stelle außerhalb von Mekka begraben werde, an der sie dem Heiligen ProphetenSAW [auf einer Reise] zum ersten Mal begegnet war und an welcher sie von ihm einen Heiratsantrag erhalten hatte. 

Wenn es wahr wäre, dass es einen großen Unterschied im Umgang mit seinen älteren Ehefrauen gab, dann hätte diese ältere Ehefrau (MaimoonaRA) nicht mehr des Heiligen ProphetenSAW gedacht und diese Gefühle tiefer Zuneigung für ihn selbst noch nach 50 Jahren gehegt. Noch immer hatte sie den Heiligen ProphetenSAW aufrichtig geliebt.

Was war die Grundlage für diese tiefe Liebe und Zuneigung, die sie für ihn empfand? Sie beruhte auf der liebevollen Behandlung des Heiligen ProphetenSAW ihr gegenüber. Obwohl sie Witwe war und von einem anderen Volk stammte, erwies er ihr Anerkennung, Liebe und Respekt, und zwar in einem solchen Maße, dass sie sich an die Liebe des ProphetenSAW erinnerte und vor ihrem Tod beschloss, schließlich zurückzukehren und an genau dem Ort begraben werden zu wollen, an dem sie den Heiligen ProphetenSAW zum ersten Mal getroffen hatte. Das ist wahre Liebe. 

Amer Safir: Wie würde Eure Heiligkeit das heutige Konzept der »Liebe auf den ersten Blick« im Gegensatz zu arrangierten Ehen beschreiben?

Hadhrat Mirza Masroor AhmadABA, weltweites Oberhaupt der Ahmadiyya Muslim Jamaat: Was wir heute in der Welt als Liebe beschrieben finden, ist reine Fantasie. Es ist Fantasie – die Art und Weise, in der Liebesheiraten oder -beziehungen auf dieser Art von »Liebe« basierend zustande kommen. Viele sind der Meinung, Ehen sollten nicht arrangiert werden. Dennoch sind 65 % der Trennungen von Ehen auf Liebesheiraten zurückzuführen, während arrangierte Ehen eine geringere Trennungsrate aufweisen. 

In Großbritannien sehen wir, dass Prinz Charles Lady Diana heiratete. Dennoch verließ er sie und strebte nach einer anderen Beziehung. Prinz Andrew heiratete Sarah Ferguson, aber auch diese Beziehung endete nach einigen Jahren. 

Was also ist diese Art von »Liebe« und was ist ihr Ergebnis?

Wir finden weitere Beweise für diesen Standpunkt, der durch Daten und Statistiken unterstützt wird. Es wird behauptet, häusliche Gewalt sei unter Muslimen verbreitet. Dennoch finden wir in Großbritannien, Deutschland und anderswo im Westen eine große Zahl von Fällen häuslicher Gewalt unter der einheimischen Bevölkerung dieser Länder. (In Großbritannien haben schätzungsweise 1,3 Millionen Frauen innerhalb eines Jahres bis zum März 2018 häusliche Gewalt erlebt, so die Kriminalitätsstudie für England und Wales, die im Statistikamt der britischen Regierung zitiert wird. In Deutschland wird alle drei Tage eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet, gemäß einer Statistik von Bundesfrauenministerin Franziska Giffey, die dies als »unvorstellbare Größenordnung« bezeichnete, worüber die »Deutsche Welle«1 (Auslandsrundfunk der Bundesrepublik Deutschland) berichtete. In den USA werden einem Bericht der nationalen Koalition gegen häusliche Gewalt zufolge im Durchschnitt fast 20 Menschen pro Minute durch ihren Lebenspartner körperlich misshandelt. Das entspricht in einem Jahr 10 Millionen Frauen und Männern).

Dies spiegelt nur die Fälle wider, die gemeldet oder registriert wurden, aber viele Fälle werden vermutlich gar nicht erst zur Anzeige gebracht. Selbst wenn wir um der Argumentation willen sagen, die Prozentsätze der häuslichen Gewalt zwischen muslimischen und nichtmuslimischen Beziehungen seien gleich, wie können wir der Religion die Schuld geben, wenn hier in diesen Ländern die gleichen Dinge geschehen?

Der Heilige ProphetSAW wies uns an, mit taqwā (Gottesfurcht) zu handeln. Dieser Rat galt nicht nur jungen Männern, sondern auch jungen Mädchen. Zweitens sagte der Heilige ProphetSAW, während er die Muslime unterwies, dass Menschen in der Regel mit dem Blick auf äußere Schönheit heiraten, auf den Status der jeweils anderen Familie oder auf den Reichtum des Mädchens. Ein wahrer Gläubiger schaut jedoch darauf, ob das Mädchen rechtschaffen und fromm ist. 

Amer Safir: Eure Heiligkeit, dürfen sich Paare gemäß dem Islam vor der Heirat sehen?

Hadhrat Mirza Masroor AhmadABA, weltweites Oberhaupt der Ahmadiyya Muslim Jamaat: Man darf mehr Details über die Familie und ihr häusliches Leben erfahren. Erlaubnis wurde auch erteilt, den jeweils anderen zu sehen. Einst zur Zeit des Heiligen ProphetenSAW kam ein Junge, um einen Heiratsantrag zu stellen und fragte, ob er das Mädchen sehen könne. Der Vater des Mädchens war empört und sagte: »Wer ist es, der darum bittet, meine Tochter sehen zu wollen?«, und fuhr fort, er würde jenen schlagen. Als die Tochter jedoch erfuhr, dass der Heilige ProphetSAW die Erlaubnis für ein Treffen erteilt hatte, trat sie sofort hervor. Der Junge senkte zur Erwiderung sein Haupt. Daraufhin sagte das Mädchen, es werde seinen Heiratsantrag bedingungslos annehmen.

Amer Safir: Eure Heiligkeit, wie sieht die islamische Lösung für das Alter bzw. die Zeit vor einer Ehe aus, wenn zum Beispiel Jugendliche starke körperliche Begierden verspüren? 

Hadhrat Mirza Masroor AhmadABA, weltweites Oberhaupt der Ahmadiyya Muslim Jamaat: Es ist ein Naturgesetz, welches wir sogar bei Tieren finden, dass Menschen, wenn sie ein reifes Alter erreichen, daran denken, körperliche Beziehungen einzugehen. Allah der Allmächtige hat ein Alter der Reife oder der Pubertät bestimmt. Der Islam lehrt, dass man in einem solchen Alter heiraten sollte, anstatt sich der Unanständigkeit und Sittenlosigkeit hinzugeben. Wir beobachten, dass in hiesigen Gesellschaften vielleicht 70 % der jüngeren Frauen oder Mädchen bereits Beziehungen zu Jungen aufgebaut haben – viele Probleme entstehen dadurch, die später zu weiteren Problemen führen. Deshalb sagt der Islam, man solle das Nikāḥ (formelle Heirat im Islam) in einem früheren Alter vollziehen. Zugleich wird uns diesbezüglich unterstellt, wir würden damit Pädophilie fördern.

Amer Safir: Eure Heiligkeit, wir wurden in der Vergangenheit schon einmal gefragt, was wir von Menschen halten, die zu ihrem Vergnügen Handlungen an sich selbst vornehmen, wie zum Beispiel Masturbation – was mit Pornografie in Verbindung gebracht wird und in der Gesellschaft weit verbreitet ist. Wie steht der Islam dazu?

Hadhrat Mirza Masroor AhmadABA, weltweites Oberhaupt der Ahmadiyya Muslim Jamaat: Im Allgemeinen besagen Informationen auf medizinischen Websites heutzutage oft, dass die Ausführung einer solchen Handlung die Leistungsfähigkeit oder Potenz eines Mannes erhöhen kann oder dass sie keine Auswirkung auf diese hat. Ärzte aus früherer Zeit vertreten jedoch die gegenteilige Meinung und sind der Auffassung, dass sie Schwäche verursacht, was in der Tat der Realität entspricht. Menschen, die diese Handlung ausführen, leiden, wenn sie daraufhin auf natürliche Weise versuchen, dies zu tun, weil ihnen dann jegliches Lustempfinden fehlt oder sie eine vorzeitige Ejakulation haben. 

Zweitens, fragen sie irgendjemanden, der dies tut und er wird ihnen sagen, dass er sich bei der Durchführung der Masturbation eine andere Person vorstellt. Sie müssen sich während dieser Handlung eine andere Person vorstellen, um ihr Begehren anzuregen. Aus diesem Grund hat der Verheißene MessiasAS vom »Ehebruch der Gedanken« gesprochen. Das ist der Fall, wenn eine Person sich Fantasievorstellungen über eine andere Person kreiert, zu der sie niemals Zugang haben kann und daher besteht die einzige Möglichkeit, dieses Verlangen zu befriedigen, darin, noch mehr zu fantasieren. Das ist »Ehebruch der Gedanken«, und aus diesem Grund hat uns der Islam verboten, uns solchen unmoralischen und unsittlichen Handlungen hinzugeben.

Quelle:

1 https://www.dw.com/en/domestic-violence-in-germany-woman-killed-every-3-days/a-46380446

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