Von Mahfooz Munir
»Zu verbieten sind Zusammenkünfte in Vereinen und sonstigen Sport- und Freizeiteinrichtungen sowie … zusätzlich Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen, Synagogen und die Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften.«[1]
Mit diesen Worten wurden in Deutschland drastische Maßnahmen eingeleitet, um die Pandemie einzudämmen. Schulen wurden bundesweit geschlossen, ebenso Diskotheken, Konzerthäuser, Messen, Kinos, Sportanlagen und vieles mehr.
Eine Woche danach wurden sogar noch stärkere Maßnahmen veranlasst, beispielsweise das Versammlungs- und Kontaktverbot. Inzwischen darf man sich nicht einmal mehr in Gruppen aufhalten, die größer als Zwei Personen betragen. Selbstverständlich kommen in solch einer Lage unzählige Fragen auf. Für Muslime stellt sich jetzt in erster Linie die Frage, wie sie die fünf täglichen Pflichtgebete verrichtet können, zumal die Männer dazu angehalten sind, für die Verrichtung der Pflichtgebete eine Moschee oder ein Gebetszentrum aufzusuchen. Die Weisheit der Verrichtung der Pflichtgebete in Gemeinschaft hat der Verheißene MessiasAS, der Gründer der Ahmadiyya Muslim Gemeinde, wie folgt beschrieben:
»Es heißt auch, dass ein gemeinschaftliches Gebet segensreicher ist, weil es die Einheit fördert. Um diese Einheit in die Praxis umzusetzen, legt der Islam großen Wert darauf, dass die Reihen der Betenden, wenn sie sich zum Gebet hinstellen, absolut gerade sein sollen; die Füße sollten auf einer Höhe sein, die Betenden sollten nah beieinander stehen, damit auf einem Blick die Vereinigung der Vielen zu Einem wahrzunehmen ist, so dass das Licht des Einzelnen die Anderen erhellen mag und die Kluft, welche Egoismus und Eigennutz verursacht, geschlossen wird. Denkt daran, dass der Mensch damit gesegnet ist, das Licht, das andere ausstrahlen, in sich aufzunehmen. Damit wir uns dieses Prinzip der Einheit vergegenwärtigen, werden wir dazu angehalten, die täglich zu erbringenden Ritualgebete in der lokalen Moschee zu entrichten, das wöchentliche Gebet in der zentralen Moschee, das Eid-Gebet in dem Eid-Saal und einmal im Jahr das Gebet im Haus Gottes, in der Kaaba, das entrichtet wird, um die Gemeinschaft der Muslime zu festigen. Der Zweck all dieser Vorschriften liegt einzig darin, die Einheit zu fördern.«[2]
Nun ist es aber gesetzlich untersagt, in den Moscheen zusammenzukommen oder auch sich in größeren Gruppen aufzuhalten. Die religiösen Gebote im Islam sind flexibel und bieten den Gläubigen die Möglichkeit, das Pflichtgebet auch zuhause mit der Familie, also der Ehefrau und den Kindern, gemeinsam zu verrichten. Da man sich zuhause mit seiner Familie zusammen aufhalten kann und auch tut, ist es angebracht, in einer solchen Situation zumindest zuhause gemeinsam die Pflichtgebete zu verrichten.
Das Freitagsgebet nimmt im Islam eine besondere Stellung ein. Allah der Erhabene hat beim Freitagsgebet angewiesen, dass die Gläubigen sogar ihr Handel für die Zeit des Gebets ruhen lassen sollen. Es heißt im Heiligen Qur’an:
»O die ihr glaubt, wenn der Ruf zum Gebet am Freitag erschallt, dann eilet zum Gedenken Allahs und lasset den Handel ruhen. Das ist besser für euch, wenn ihr es nur wüsstet.«[3]
Dieser gesegnete Tag wird besonders begangen, da es sich hierbei um einen Festtag (ʿīd) handelt. So wird aus der Praxis des Heiligen Propheten MuhammadSAW deutlich, dass er sich schön gekleidet hat und sich an diesem Tag insbesondere auch parfümiert hat. Es ist ein Freudentag für Muslime. Die Freude, sich mit Allah zu vereinen. In einer Überlieferung heißt es, dass der Heilige Prophet MuhammadSAW in seiner Freitagsansprache sagte: »An diesem Tag tritt ein Augenblick ein, und wenn ein Muslim diesen erlebt und dabei betet, werden seine Gebete erhört. (Ṣaḥīḥ Muslim) Es sind unzählige Segnungen mit diesem Tage verbunden. Daher möchte kein gläubiger Muslim jemals das Freitagsgebet auslassen.
Jedoch sollte man wissen, dass der Islam für besondere Situationen und zu außergewöhnlichen Zeiten dem Menschen auch entsprechende Erleichterungen gewährt hat. Denn Gott ist es, dem nichts verborgen bleibt, Er ist der Allsehende, der Allwissende. Die Pandemie heutzutage ist durchaus keine übliche Situation für die Menschen auf der gesamten Welt. Daher verhält es sich mit dem Freitagsgebet ähnlich, wie mit den übrigen täglichen fünf Pflichtgebeten. Das Freitagsgebet kann durchaus mit der Familie verrichtet werden. Man findet in mehreren Überlieferungen, dass die Verrichtung des Freitagsgebets in der Moschee unter bestimmten Umständen ausgelassen wurde bzw. in den Häusern verrichtet wurde. So wird in einem Hadith aus Bukhari berichtet, dass Hadhrat Ibn AbbasRA dem Muezzin an einem regnerischen Freitag sagte: »Und rufe nicht ›kommt zum Gebet!‹ sondern rufe ›betet in euren Häusern!‹.« Die Leute waren verwundert. Er sagte daraufhin: »Der Heilige ProphetSAW tat dies auch, und er war besser als ich. Das Freitagsgebet ist obligatorisch, jedoch möge ich es nicht, dass die Betenden sich in Schlamm und Regen in die Moschee begeben.« Diese Begebenheit wird auch in anderen Hadith Werken geschildert.
Seine Heiligkeit Hadhrat Mirza Masroor AhmadABA erwähnte in seiner Sonderbotschaft am Freitag (27.03.2020), angesichts der aktuellen Weltlage, dass der Verheißene MessiasAS gesagt hat, dass sich die Menschen während einer Pandemie nicht zum Gebet versammeln sollten, um die Ausbreitung zu verhindern. Zudem appellierte Seine Heiligkeit an die Gemeindemitglieder, die Verrichtung der Pflichtgebete und auch des Freitagsgebets zuhause mit der Familie sicherzustellen.
Täglich stellt die Pandemie die gesamte Menschheit vor neuen Herausforderungen. Die Zahl der Infizierten steigt stetig an und es kommt zu immer mehr Todesfällen. Umso wichtiger ist es nun für uns Muslime, dass wir unsere Gebete intensivieren, und eine Einheit darstellend, die Pflichtgebete mit unseren Familien zu Hause verrichten.
[1] Bundeskanzlerin Merkel, Mitschrift Pressekonferenz, 16. März 2020
[2] Hadhrat Mirza Ghulam AhmadAS, der Vortrag von Ludhiana, S. 63
[3] Der Heilige Qur’an, 62:10
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