Yunus Mairhofer, Redaktion
In einem kürzlich geführten Interview der NachDenkSeiten gibt der Journalist Pavel Volkov Einblicke in die wachsende Verfolgung politischer Dissidenten in der Ukraine seit der russischen Invasion im Februar 2022. Während deutsche Medien ausführlich über politische Gefangene in Russland berichten, herrscht eine auffällige Stille bezüglich der Tausenden politischen Gefangenen innerhalb der Ukraine. Volkov, der aus Saparoschje stammt, schildert seine persönlichen Erfahrungen und die besorgniserregende Eskalation der Feindseligkeit gegenüber abweichenden Stimmen auf ukrainischem Boden.
Volkov, 39 Jahre alt, schreibt seit zehn Jahren für russische Internetportale wie Russki Reportjor, vsglyad.ru und Ukraina.ru. Im Jahr 2017/18 saß er über ein Jahr lang wegen Anklagen, die die territoriale Integrität der Ukraine und Unterstützung von Terroristen betrafen, im Gefängnis. Mit einer möglichen Gefängnisstrafe von 15 Jahren konfrontiert, wurde Volkov schließlich im Oktober 2018 vom Bezirksgericht Schewtschenko in Saparoschje freigesprochen.
Die Radikalisierung der ukrainischen Massenmedien gegenüber den Russen ging indes so weit, dass man nach dem 24. Februar als Russe nicht mehr auf die Straße gehen und nicht mehr mit den Nachbarn sprechen konnte, enthüllt Volkov und verdeutlicht das bedrückende Klima zu dieser Zeit. Die zuvor friedliche Koexistenz zwischen russischsprachigen Ukrainern und ihren Nachbarn verschlechterte sich schlagartig, abfällige Bezeichnungen wurden geäußert und Forderungen gestellt, bestimmte Parolen zu unterstützen.
Nach der Invasion russischer Truppen in die Ukraine begann der ukrainische Geheimdienst, Personen wie Volkov ins Visier zu nehmen. Um einer erneuten Verhaftung zu entgehen, traf er im November 2022 die gewagte Entscheidung, durch die Frontlinien zu fliehen und Zuflucht in von Russland kontrolliertem Gebiet zu suchen. Das Interview mit Ulrich Heyden gewährt einen Einblick in die turbulenten Ereignisse und die prekäre Situation derjenigen, die von den ukrainischen Behörden als ‘unzuverlässig’ eingestuft wurden.
Volkov berichtet, dass ein Freund von ihnen verschwand und durch die Verwendung seiner Telefonnummer ein Chat in einer Messenger-Anwendung erstellt wurde, um ukrainische Nationalisten zu identifizieren. Dieser Chat wurde selbstverständlich vom ukrainischen Geheimdienst initiiert, um Unterstützer ausfindig zu machen. Diese willkürlichen Verhaftungen und das Verschwinden von Personen sind beunruhigend und verdeutlichen die Dringlichkeit, die bedrückende Lage politischer Dissidenten und russischsprachiger Personen in der Ukraine zu thematisieren.
Aber statt sicherzustellen, dass alle Stimmen, unabhängig von ihren politischen Ansichten, gehört werden, scheint nicht nur die politische Führung in Westeuropa, sondern auch die überwiegende Mehrheit der Medien von einem Lager vereinnahmt zu sein, so Volkov.
Zudem betont er die Schwierigkeiten bei der Erstellung einer umfassenden Liste der zahlreichen politischen Gefangenen in der Ukraine und wie unvollständig die derzeitigen Informationen sind. Als Journalisten vom Portal Ukraina.ru sammeln sie mit bescheidenen Mitteln Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen, von Verwandten und manchmal auch von Rechtsanwälten.
Die bedrückenden Berichte von Volkov werfen ein alarmierendes Licht auf die grassierende Verfolgung von Andersdenkenden in der Ukraine. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die internationale Gemeinschaft auf diese Situation aufmerksam wird und Maßnahmen ergreift, um die Rechte und Freiheiten aller Menschen auch in der Ukraine zu schützen.
Quelle:
NachDenkSeiten – Interview mit Pavel Volkov, durchgeführt von Ulrich Heyden.
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