Islam

Islam in Moderatem? – Die moderate Islam-Debatte

Von Komal Hadi & Nudrat Ahmad

Der ägyptisch-amerikanische Komiker Ramy Youssef erhielt kürzlich seinen ersten Golden Globe Award für seine Show Ramy – eine »Komödie-Drama«-Serie über eine arabisch-muslimische Familie, die in New Jersey lebt. In einer kürzlich wieder erschienenen Episode der Talkshow »Late night with Seth Meyers« wurde Youssef über seinen Stand-up-Inhalt gefragt und insbesondere über seine Entscheidung, seinen Glauben in Parodien offen zu diskutieren. Der Moderator fragte Youssef insbesondere nach »der Idee moderater Muslime und der damit verbundenen Kritik«, woraufhin Youssef seinen Unmut über diesen Ausdruck äußerte und erklärte:

»[…] ein moderater Muslim erweckt den Anschein, als gäbe es ein Problem, wenn man voll und ganz Muslim wäre… es negiert die Tatsache, dass man voll und ganz praktizieren und sich voll einbringen könnte und dass man dadurch ein guter Mensch wäre.«

Was bedeutet es ein moderater Muslim zu sein?

Meist bezieht sich der Begriff »moderat« auf etwas »Durchschnittliches in Menge oder Intensität«, daher wäre es nicht unlogisch anzunehmen, dass ein »moderater Muslim« ein »Durchschnitts-Muslim« ist. Bei einer sorgfältigen Analyse der Herkunft und des Gebrauchs dieses Begriffs wird jedoch schnell klar, dass dies nicht der Fall sein kann. Betrachtet man die religiösen Praktiken von Menschen jedweden Glaubens, so lässt sich ein Spektrum von Anhängern ausmachen, das von radikal über moderat bis liberal reicht. »Radikale« Anhänger eines Glaubens gehen oft zu extremen Praktiken über und entstellen die Lehren einer Religion: Ein Paradebeispiel für diese Entstellung und den Extremismus bei radikalen Muslimen wäre, den Glaubensabfall als ein mit dem Tod zu bestrafendes »Verbrechen« zu betrachten, das in völligem Widerspruch zu den Lehren des Heiligen Buches des Islam, dem Heiligen Qur’an, steht:

»Es soll kein Zwang sein im Glauben.« (Der Heilige Qur’an 2:257)

 Am anderen Ende des Spektrums glauben »liberale« Anhänger einer Religion an Gott, sind aber offen für die Zurückweisung traditioneller religiöser Lehren und Praktiken im Namen des »Fortschritts« und der Anpassung an eine sich wandelnde Gesellschaft. In Bezug auf den Islam bezieht sich »liberal« oft auf Glaubensanhänger, die die Lehren des Islam dahingehend aufweichen, um dem westlichen Gesellschafts- und Integrationsmodell zu gefallen, wobei sie sich oft nicht von ihren westlichen Zeitgenossen zu unterscheiden scheinen. Dies kann darin resultieren, dass man das fünfmalige Gebet – ein zentraler Grundsatz des Glaubens – aufgibt, oder dass man nur zu bestimmten Zeiten im Jahr, wie etwa im Monat Ramadan, islamische Gebote befolgt. Die »liberalen« Muslime können sogar völlig von den Lehren des Islam losgelöst sein und sich nur dem Namen nach als Muslime bezeichnen. Das weltweite Oberhaupt der Ahmadiyya Muslim Jamaat hat erklärt, wie der Heilige ProphetSAW des Islam die Abkehr der Muslime von den wahren islamischen Lehren vorhergesagt hat:

»In seiner Prophezeiung sagte der Heilige ProphetSAW eine Zeit voraus, in der die Mehrheit der Muslime die wahren Lehren des Islam vergessen haben werden und ihre Handlungen nicht mit ihrer Religion in Einklang stehen werden.« (Grundsatzrede, Nationales Friedenssymposium Kanada, Oktober 2016).

Der Heilige ProphetSAW prophezeite:

»Eine Zeit wird kommen, wenn vom Islam nichts anderes mehr übrigbleiben wird, als sein Name, und vom Heiligen Qur’an nichts übrigbleiben wird, als seine Schrift. Die Moscheen werden voll von Betenden sein; die Rechtschaffenheit jedoch wird sich verflüchtigt haben. Ihre Ulema (Religionsgelehrte) werden die schlimmsten Kreaturen unter dem Firmament des Himmels sein. Üble Verschwörungen werden von ihnen ausgehen; und zu ihnen werden sie zurückkehren.
(Mishkat ul Masabih, Bd. 1, Seite 91)

Folglich scheint es so, als würden die »radikalen« und »liberalen« Muslime unter diese Prophezeiung des ProphetenSAW des Islam fallen, aber was kann über die moderaten Muslime gesagt werden? Obwohl die Bezeichnung jene »durchschnittlichen« Muslime bezeichnen würde, die den wahren, grundlegenden Praktiken des Islam folgen, kann der Begriff tatsächlich ein Synonym für »liberale« Muslime sein, insbesondere aufgrund seines Ursprungs im westlichen Diskurs. Historisch gesehen entstand der Ausdruck »moderater Muslim« aus dem Anti-Terror-Diskurs, um radikale, gewalttätige »Muslime« von ihren moderaten, vernünftigen Pendants zu unterscheiden. Der Ausdruck »moderater Muslim« ging dabei tiefer als der eigentliche Sinn dieses Begriffs und implizierte stattdessen, dass es gut ist, dem Islam in Maßen zu folgen und zu viel davon ist sogar gefährlich. In einer Zeit, in der eine solche Ausdrucksweise nur Islamophobie antreibt, schüren diese Begriffe das Feuer der Fremdenfeindlichkeit. Ein moderater Muslim wird zu einem Muslim, der seinen Glauben in einer Weise ausübt, die niemanden anderen beeinträchtigt, im Gegensatz zu einem Extremisten, der gegenüber den Rechten anderer Glaubensrichtungen intolerant ist, sogar bis hin zu ihrem Existenzrecht. Zusätzlich trägt zur Verwirrung darüber, ob ein moderater Muslim ein Muslim ist, der den »Mittelweg« beschreitet, die Kennzeichnung liberaler Praktiken als »moderat« bei, wie z.B. das Absetzen des Hidschab – eine Forderung des islamischen Glaubens für muslimische Frauen. Wie kann das so sein, wenn es vielmehr im Namen der Anpassung an westliche Ideale von Weiblichkeit und »Integration« aktiv gegen die islamischen Lehren verstößt?

Es scheint, dass der Konflikt der Definitionen in dem Konflikt bei der Interpretation der wahren islamischen Lehren wurzelt. Tatsächlich betont die wahre Lehre des Islam die Moderation. Der Heilige ProphetSAW des Islam hat einmal gesagt:

»Religion ist sehr einfach und wer sich in seiner Religion überfordert, wird nicht in der Lage sein, so weiterzumachen. Ihr solltet also keine Extremisten sein, sondern versuchen, der Perfektion nahe zu sein und die gute Nachricht zu empfangen, dass ihr belohnt werdet; und durch die Anbetung am Morgen, am Nachmittag und in den letzten Stunden der Nacht Stärke erwerben.« – (Bukhari, Kitabul Iman, Hadith 39)

Während der Heilige ProphetSAW des Islam selbst betonte, dass es nicht ratsam sei, sich mit der Religion »zu überlasten«, erklärte er auch, dass man sich bemühen solle, »der Perfektion nahe« zu sein, und wies darauf hin, dass man die islamischen Lehren so genau wie möglich befolgen solle, um der Religion in einer moderaten, aber reinherzigen Weise zu folgen. In der heutigen Zeit kann wahre »Moderation« im Islam offenbar nur erreicht werden, wenn man den ursprünglichen Lehren des Islam folgt. Das weltweite Oberhaupt der Ahmadiyya Muslim Jamaat, Hadhrat Mirza Masroor AhmadABA, ging weiter darauf ein, wie die Ahmadiyya Muslim Jamaat den Islam in seiner wahren Form repräsentiert, wie es der Heilige ProphetSAW prophezeit hat:

»Und wir, die Ahmadi-Muslime, glauben, dass der Gründer unserer Gemeinde der Verheißene Messias und Mahdi ist, der gemäß den Prophezeiungen des Heiligen ProphetenSAW des Islam gesandt wurde. Während seines Lebens hat der Verheißene MessiasAS ein zeitloses Licht auf die wahren Lehren des Islam geworfen und die Welt darüber informiert, was der Islam wirklich repräsentiert. Daher möchte ich als erstes klarstellen, dass die Ahmadiyya Muslim Jamaat nicht als »liberale« oder »reformistische« Glaubensrichtung des Islam betrachtet werden sollte. Vielmehr folgen wir den ursprünglichen Lehren des Islam, wie sie der Heilige Qur’an und der Heilige Prophet MuhammadSAW vorschreiben.«

Seine Heiligkeit hat betont, dass die wahren Lehren des Islam weder »liberal« noch »reformistisch«, sondern in ihrer ursprünglichen Form moderat sind, und hat damit deutlich gemacht, dass der westliche Begriff des »moderaten Muslims« auf einer falschen Darstellung des wahren Wesens des Islam durch westliche Medien und durch die extremen Seiten des »Spektrums« der Muslime selbst beruht.

Interessant ist auch, dass dieser Begriff »moderater Muslim« für die Muslime von den Nichtmuslimen geprägt wird, wobei die Mehrheit der Muslime selbst einen solchen Begriff nicht verwenden würde. Eine solche Zweiteilung für irgendeine Religion wäre unaufrichtig und banalisiert den Glauben jener Milliarden von Muslimen, die einem massiven und vielfältigen Spektrum angehören, wo das Ziel der Mehrheit darin besteht, den Höhepunkt der religiösen Spiritualität zu erreichen. Da es im Islam 72 Gruppierungen gibt, von denen jede eine etwas andere Interpretation dessen vertritt, was sie für den Islam hält, woran messen wir dann die Begriffe »moderat« und »extremistisch«, wenn wir diese große, vielfältige Menschenmasse beschreiben?

Der Islam: ein Modell der Mäßigung?

Der beste Maßstab für die Bewertung eines »moderaten Muslims« ist dann die Rückbesinnung auf die ursprünglichen Lehren und Praktiken eines offenbarten Glaubens. In der oben erwähnten Prophezeiung des Heiligen ProphetenSAW des Islam darüber, dass »nichts vom Islam« außer seinem »Namen« übrig bleiben würde, wurde auch die frohe Botschaft gegeben, dass die Renaissance des Glaubens auch durch die Hand Gottes mit der Ankunft des Messias und Mahdis erfolgen würde. Darüber hinaus würden die Ideologien eines Dschihad des Schwertes durch die Wiederbelebung des Islam durch den verheißenen MessiasAS beendet werden. Der Verheißene MessiasAS erklärt den Zweck seines Kommens mit den folgenden Worten:

»In diesem 14. Jahrhundert hat mich jedoch Allah der Erhabene durch göttliche Berufung gesandt, damit ich die Irrtümer, die sich unter den Muslimen intern verwurzelt haben, beseitigen und die Wahrheit des Islam vor der Welt manifestieren kann.« – (Malfuzat-Band 2, S. 50)

Die islamischen Lehren sind von Natur aus moderat und mit dem Westen kompatibel. Die wahre Integration des Islam in eine säkulare, westliche Gesellschaft wird von Seiner Heiligkeit Hadhrat Mirza Masroor AhmadABA erläutert:

»Den Muslimen wird gelehrt, Liebe, Mitgefühl und Freundlichkeit gegenüber der gesamten Schöpfung Gottes zu zeigen, insbesondere gegenüber der Menschheit, die Allah als die beste Schöpfung bezeichnet hat. Es ist absolut wahr, dass wir, die Ahmadi-Muslime, friedliebend sind und versuchen, Brücken der Liebe und Hoffnung zwischen verschiedenen Religionen und verschiedenen Gemeinschaften zu bauen. Das liegt jedoch nicht daran, dass wir vom Islam abgewichen sind oder ihn in irgendeiner Form modernisiert haben. Vielmehr liegt es daran, dass wir den authentischen Lehren des Islam folgen.«

 In einer Grundsatzrede in Berlin am 22. Oktober 2019 erwähnte Seine Heiligkeit auch, dass es keinen solchen »Kampf der Kulturen« zwischen dem Islam und Europa gibt:

»Was die Ahmadiyya Muslim Jamaat angeht, so ist unser Glaube, dass der Islam unter keinen Umständen erlaubt, Gewalt oder irgendeine Form von Zwang für die Verkündung des Glaubens anzuwenden. Warum sollte man dann den Islam fürchten? Warum glauben die Menschen, dass ihre Zivilisation oder Kultur von Muslimen bedroht sei?«

Unzählige Beispiele für die gemäßigte Natur der islamischen Lehren werden von keinem anderen als dem Heiligen ProphetenSAW des Islam selbst demonstriert, der für alle Muslime das idealste Beispiel ist, dem sie nacheifern sollten. Ein Beispiel dafür wurde von seiner Gattin, Hadhrat AishaRA, erzählt, wo er die Bedeutung der Erfüllung der vielen Verpflichtungen im Leben eines Menschen beschrieb:

»Der Heilige ProphetSAW rief Uthman bin Maz’un. Als er zu ihm kam, sagte er: ›Uthman, hat dir meine Praxis nicht gefallen?‹ Er sagte: ›Nein, bei Allah, aber ich strebe nach Eurer Praxis.‹ Er sagte: ›Ich schlafe, ich bete, ich faste, ich verzichte (manchmal) auf das Fasten und ich heirate Frauen. Fürchte Allah Uthman, deine Frau hat ein Anrecht auf dich, dein Gast hat ein Anrecht auf dich, dein Selbst hat ein Anrecht auf dich; du solltest fasten und (manchmal) auf das Fasten verzichten und beten und schlafen.‹« (Sunan Abi Dawud, Kitab as-Salat, Hadith 1369)

Der Islam ist das Vorbild für Mäßigung. Das Leben des Heiligen ProphetenSAW ist die perfekte Verkörperung dieser Lehren. Moderat zu sein ist gleichbedeutend damit, ein Muslim zu sein, der den wahren Lehren des Islam in ihrer ursprünglichen und originalen Form folgt. So wie der Heilige ProphetSAW des Islam uns im folgenden Hadith daran erinnert hat:

»Das Beste aller Dinge liegt auf dem mittleren Pfad.«
(Al-Shaukani Fi Al-Fawa’id Al-Majmu’ah, Hadith 251)

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