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Jüdische Stimmen für Waffenstillstand in Gaza: #voicesforpeace

»Ich bin der festen Überzeugung, dass es nur eine einzige legitime Lehre des Holocaust gibt. Und das ist: die absolute, bedingungslose Verteidigung der Menschenrechte für alle.« 
Bedouins in a camp in South Hebron Hills. Palestine 2011.
Creator: Libertinus 

von Samina Tabassum

Maoz Inon, Benzi Sanders und Sari Bashi – drei Israelis, die für den Gegenpol zur rechten, fanatisch-religiösen Regierung in Israel stehen. Alle drei haben eines gemeinsam – sie sind jüdisch, Betroffene im Nahost-Konflikt und: sie fordern einen sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen. Denn nach dem schrecklichen Massaker der paramilitärischen Hamas an Zivilisten folgen weiterhin noch schrecklichere Bilder aus der eingepferchten Zivilbevölkerung in Gaza, als würde es den Militanten und dem Militär nur noch darum gehen, wer wie viele der „anderen“ auf grauenvolle Weise erniedrigt, verstümmelt und ermordet. 

Gleich nach dem Angriff der Hamas schrieb die Organisation »Jüdische Stimmen für gerechten Frieden in Nahost« in einem Instagram-Post:
»Nun ist eingetreten, wovor viele in unseren Reihen seit Jahren gewarnt haben. 16 Jahre Blockade, Mangel an sauberem Wasser, Strom, medizinischer Versorgung sowie regelmäßige Bombenangriffe haben Gaza zu einem Pulverfass gemacht. Gaza gilt laut UN seit 2020 als unbewohnbar. Was nun geschehen ist, glich einem Gefängnisausbruch, nachdem die Insassen zur lebenslanger Haft verurteilt wurden, nur weil sie Palästinenser sind.«

Während die breite Öffentlichkeit in Deutschland erst seit dem 07. Oktober wieder auf diesen Konflikt aufmerksam wird, wurden Palästinenser in Gaza, im Westjordanland und in Israel im Laufe der letzten Jahrzehnte laufend schikaniert und um ihre einfachen Bürgerrechte zur lebensnotwendigen Versorgung gebracht. Sie wurden von immer mehr Orten vertrieben, um neue Siedler etwa aus Osteuropa anzusiedeln; sie wurden erschossen, festgenommen und werden ohne ein Gerichtsverfahren in Gefängnissen festgehalten – all dies blinkt häufig nur als Randnotiz in der deutschen medialen Öffentlichkeit auf.

Nun stellen sich nicht nur jüdische Friedensaktivisten und viele ehemalige Soldaten der israelischen Armee, sondern auch Hinterbliebene der getöteten Geiseln des Hamas-Massaker gegen ihre Regierung.

So wie Benzi Sanders, der bereits 2014 nach einem Angriff der Hamas als Soldat in der Bodenoffensive in Gaza eingesetzt wurde und danach feststellte: Die militärischen Operationen schwächen nicht die Hamas, sondern sie ist danach nur noch gestärkt hervorgegangen. In einem CNN Interview sagt er: »Meine Regierung hat die Hamas gestärkt.« Er betrachtet den Krieg als einen »katastrophalen Fehler«, der keine Sicherheit für Israel bringen werde. »Ein brutales, militärisches Regime der Kontrolle über die Palästinenser« spiele nur in die Hände der Hamas. Jüdische Siedler würden nicht nur gegen das internationale, sondern auch gegen das israelische Gesetz handeln. Sie vertreiben und erschießen Palästinenser und bleiben straffrei. Die aktuelle Regierung sage ganz offen, dass sie keinen Unterschied zwischen der Hamas und den palästinensischen Zivilisten mache. 

Doch das Völkerrecht und die universellen Menschenrechte müssen auch für Palästinenser gelten – so sieht es auch Maoz Inon. Er hat auf brutale Weise seine Eltern bei dem Hamas-Massaker verloren. Doch er denkt nicht an Rache. Gleich wenige Tage nach dem einschneidenden Ereignis organisierte er Friedensproteste vor der Knesset, dem israelischen Parlament. Er kritisiert sowohl die israelische Regierung als auch die deutsche Regierung und sagt in einem Interview mit der Berliner Zeitung: »Deutschlands bedingungslose Unterstützung schadet Israel.« Und er hat sich für eine Lösung entschieden: »Die führenden Politiker der Welt dürfen Netanjahu nicht als jemanden betrachten, der die Interessen des israelischen Volkes vertritt. Er vertritt nur seine eigenen Interessen. Sie müssen ihre Augen – so wie ich meine nach einem Besuch in den besetzten Gebieten – für die Realität öffnen. Und die Realität zeigt, dass wir durch die Bombardierung und das Töten der Menschen in Gaza keinen einzigen der 1200 Menschen wieder ins Leben zurückholen werden. Wir verursachen nur noch mehr Leid und leisten künftigen Terroranschlägen Vorschub.«

Die jüdische Israelin Sara Bashi von Human Rights Watch hat eine ganz einfache Botschaft an die israelische Regierung: »Ich weiß, dass die Hamas unaussprechliche Kriegsverbrechen gegen israelische Zivilisten begangen hat. Das bedeutet nicht, dass man Kriegsverbrechen gegen palästinensische Zivilisten begehen darf.« 

Deborah Feldman, eine jüdische Schriftstellerin, die in einem Roman ihr Leben in einer orthodox-jüdischen Familie erzählt hat, sagte in einer Talkshow im ZDF: »Ich bin der festen Überzeugung, dass es nur eine einzige legitime Lehre des Holocaust gibt. Und das ist: Die absolute, bedingungslose Verteidigung der Menschenrechte für alle.« 

Auch Margot Friedländer, Holocaust-Überlebende erinnert daran, was ganz selbstverständlich sein sollte: »Für mich ist ganz wichtig, dass insbesondere die jungen Menschen nicht vergessen, was war. Sie sollen wissen, dass nicht nur die Juden umgebracht wurden. Dass Menschen umgebracht wurden, weil man Menschen nicht anerkannt hat als Menschen.«

Und die in Frankfurt ansässige Hilfs- und Menschenrechtsorganisation »medico international« bringt es in einem Instagram Beitrag auf den Punkt: »Israels Armee ist außer Kontrolle, außerhalb der Verhältnismäßigkeit und außerhalb völkerrechtlicher und wertegeleiteter Bahnen. Die Menschen in Gaza durchleben seit Wochen die blanke Hölle und kein Tunnel unter ihnen rechtfertigt die Fortsetzung dieses Albtraums.«

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