Weltreligionen

Maria, die Mutter Jesu (as) – Teil 1/2

Das Neue Testament erwähnt Maria in der Geschichte über die Geburt Jesu, schweigt jedoch über ihre frühe Kindheit, Familie und weiteren Lebensabschnitte. Nicht so der Quran.

von Navida Sayed

Die junge unschuldige MariaAS war weltabgewandt, vertieft in die Anbetung Gottes, als ihr unerwartet offenbart wird, dass sie ein vaterloses Kind in sich trägt. Die Nachricht, ein Kind zu erwarten, ist in der Regel ein freudiger Anlass für Eltern und eine werdende Mutter wird während der Zeit ihrer Schwangerschaft bis zur Zeit nach der Geburt des Kindes von Familie und Freunden unterstützt. MariaAS jedoch war einsam und verängstigt. Was tat sie? Wo ging sie hin? Wie ertrug MariaAS die ihr bevorstehenden Tage? Auf einer Spur des Lebens MariasAS über den Zeitraum vor ihrer Geburt bis nach der Kreuzigung JesuAS werden wir in diesem Artikel die Fakten (aus den Heiligen Schriften) darlegen und ergründen, wie MariaAS schließlich zu einer der angesehensten und verehrtesten Frauen wurde, die in der Geschichte bekannt sind.

MariasAS Familienhintergrund

Der Heilige Qur’an gibt detaillierte Informationen über den gesegneten Lebensweg MariasAS, beginnend mit dem Hinweis auf ihren edlen Familienhintergrund:

»Allah erwählte Adam und Noah und das Haus Abrahams und das Haus Imrans vor den Völkern.«1

Der Grund, weshalb der Heilige Qur’an das »Haus Imrans« an dieser Stelle erwähnt, besteht darin, es als eine Art Einleitung der Geschichte von MariaAS, der Mutter JesuAS, zu verwenden.2 Auch wenn er selbst kein Prophet war, wurde Imrans Familie neben den edlen Propheten erwähnt. Im folgenden Vers heißt es:

»ein Geschlecht, die einen von den anderen; und Allah ist allhörend, allwissend.«3

Dieser Vers besagt, dass Gott die im vorangegangenen Vers erwähnten Personen und Familien auserwählt hat, weil sie alle zum gleichen Stamm guter und rechtschaffener Menschen gehörten.4

Ein weiterer Vers, der Licht auf MariasAS Zugehörigkeit zur Familie von Imran wirft, lautet:

»(Denke daran) wie Imrans Frau sprach: ›Mein Herr, ich habe Dir geweiht – als Befreiten –, was in meinem Schoße ist. So nimm (es) an von mir; wahrlich, Du allein bist der Allhörende, der Allwissende.‹«5

Der Hinweis auf die Familie von Imran bezieht sich möglicherweise auf zwei Personen, Imran, den Vater von MariaAS, der Mutter von JesusAS – dieser Imran war der Sohn von Yoshhim oder Yoshim (Jafir & Kathir) – oder Amram aus der Bibel, welcher der Sohn von Kehat und der Enkel von Levi war. Er war der Vater von MosesAS, AaronAS und Miriam, wobei MosesAS der jüngste der dreien war.6

»Es ist nicht sicher, ob er der Sohn von Kehat oder dessen Nachkomme war, da es zehn Generationen von Joseph bis Josua gab (1. Chronik 7,20-27), während nur vier tatsächlich von Levi bis Mose innerhalb der entsprechenden Zeitspanne erwähnt werden. Darüber hinaus zählten die Kehatiter zur Zeit des Exodus 8.600 (4. Buch Mose 3,28), was also unmöglich gewesen wäre, wenn nur zwei Generationen gelebt hätten. Es scheint am passendsten, Amram als einen Nachkommen von Kehat und dessen Frau Jochebed als ›Tochter von Levi‹ im allgemeinen Sinne zu betrachten.«7

Die erwähnte Frau von Imran bezieht sich auf die Abstammungslinie MariasAS, die in der Geschichte auf die Familie von Imran oder den biblischen Amram als Mitglied des levitischen Stammes Israels zurückgeführt wird.8 Weitere Hinweise darauf, dass MariaAS zum levitischen Stamm gehörte, finden sich in den folgenden Versen:

»Zu der Zeit des Herodes, des Königs von Judäa, war ein Priester von der Ordnung Abia, mit Namen Zacharias, und sein Weib war von den Töchtern Aarons, welche hieß Elisabeth.« (Lukas 1,5)

Der Theologe Matthew Poole kommentiert:

»›Und seine Frau gehörte zu den Töchtern Aarons, und ihr Name war Elisabeth‹, wird hinzugefügt, um nicht den Gehorsam Zacharias gegenüber dem göttlichen Gesetz zu bezeichnen, dass der Hohepriester dazu verpflichtet war, jemanden aus seinem eigenen Stamm zu heiraten, sondern um die Ehrbarkeit von Elisabeths Abstammung zu zeigen. Moses und Aaron waren die beiden ersten Statthalter der Israeliten. Elisabeth gehörte nicht nur zum Stamm der Leviten, sondern stammte auch von Aaron ab, den Gott zur edelsten Familie der Leviten machte.«9

In einem anderen Vers sagt ein Engel, der die junge MariaAS beruhigt:

»Und siehe, Elisabeth, deine Cousine, ist auch schwanger mit einem Sohn, in ihrem Alter, und ist jetzt im sechsten Monat, sie, von der man sagt, dass sie unfruchtbar sei.« (Lukas 1,36)

Ein Engel erzählt MariaAS, dass auch ihre Cousine Elisabeth schwanger ist; es ist umstritten, ob Elisabeth eine Cousine oder andere Verwandte war, aber sie gehörte zum levitischen Stamm. In Lukas 1,56 lesen wir, dass MariaAS etwa drei Monate bei Elisabeth blieb und dann nach Hause zurückkehrte.

Ein wichtiger zu beachtender Punkt ist, dass die Levitenpriester bei ihrer Arbeit im Tempel einen höheren Grad an Reinheit beibehalten haben. Da die körperliche Ganzheit eng mit Reinheit und Heiligkeit verbunden war, sollten die Priester keine körperlichen Mängel aufweisen. Nur der Hohepriester konnte in das Allerheiligste im Tempel eintreten, und er konnte dies nur einmal im Jahr, am Tag der Buße, Jom Kippur, tun (siehe Lev 16,1-19).

MariaAS blieb drei Monate lang bei ihrer Verwandten Elisabeth, der Frau des Hohepriesters. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass sie an den Mahlzeiten ihrer Familie teilhaben durfte, da sie keine Levitin war. Die Mahlzeiten, welche die Priester aßen, stammten aus den Opfergaben und konnten nur von den levitischen Familien eingenommen werden.10

Hanna widmet ihr ungeborenes Kind dem Dienst an Gott

Die Geburt MariasAS war ein bedeutender Wendepunkt in der Geschichte, denn sie markierte eine Zeit, in der etwas Unbekanntes in der Welt geschehen sollte.

Hanna, die Mutter MariasAS, widmete ihr ungeborenes Kind dem Dienst an Gott.

»(Denke daran) wie Imrans Frau sprach: ›Mein Herr, ich habe Dir geweiht – als Befreiten –, was in meinem Schoße ist. So nimm (es) an von mir; wahrlich, Du allein bist der Allhörende, der Allwissende.‹«11

Hannas Gebet für MariaAS

Hanna war nach der Geburt eines Mädchens offensichtlich überrascht, denn nur Männer wurden dem Dienst im Tempel gewidmet.

»Doch als sie es geboren hatte, sprach sie: ›Mein Herr, ich habe ein Mädchen geboren‹ – und Allah wusste am besten, was sie zur Welt gebracht hatte und dass der (erwartete) Knabe nicht gleich dem (geborenen) Mädchen war – ›und ich habe es Maria genannt, und ich empfehle sie und ihre Nachkommen Deiner Hut vor Satan dem Verworfenen.‹«12

Hannas Gelübde wurde angenommen

Nach dem mosaischen Gesetz konnte MariaAS als Frau Gott nicht dienen, wie es ihre Mutter beabsichtigt hatte, aber ihre Verpflichtung wurde angenommen.

»So nahm ihr Herr sie gnädig an und ließ sie wachsen zu holdem Wuchs und berief den Zacharias zu ihrem Pfleger.«13

Als MariasAS Vater verstarb, begannen die Leute zu diskutieren, wer sich nun ihrer annehmen sollte und sie kam in die Obhut von ZachariasAS, der ihr gesetzlicher Vormund wurde.

Die Hingabe der jungen MariaAS

MariaAS wuchs von Kindheit an bis zum Erreichen des Erwachsenenalters unter Allahs besonderem Schutz in einer separaten Kammer auf, in der sie sich Zeit und Raum für den Gottesdienst nehmen konnte. Sie gedieh und konzentrierte sich darauf, Gott anzubeten sowie ihren jüdischen Glauben zu studieren. Sie widmete ihre ganze Zeit und ihr ganzes Leben Gott.

War die Versorgung MariasAS ein Wunder?

Wann immer der Prophet ZachariasAS MariaAS besuchte, fand er Nahrung bei ihr. Er fragte, woher diese käme und MariaAS antwortete stets, sie sei von Allah. Es gibt keine Unterstützung oder Beweise dafür, dass Engel die Nahrung vom Himmel herabgebracht hätten, oder dass sie auf wundersame Weise für MariaAS erschienen sei. Die wahrscheinlichste Erklärung ist, dass andere Gläubige und Besucher Essen und Getränke mitbrachten und für sie zurückließen. Aber MariasAS Antwort zeigte den Grad ihrer Frömmigkeit und ihres Vertrauens in Allah und ihre Erkenntnis, dass letztendlich all unser Lebensunterhalt vom Allmächtigen stammt.

»So nahm ihr Herr sie gnädig an und ließ sie wachsen zu holdem Wuchs und berief den Zacharias zu ihrem Pfleger. Sooft Zacharias zu ihr in die Kammer trat, fand er Speise bei ihr. Er sprach: ›O Maria, woher hast du dies?‹ Sie antwortete: ›Es ist von Allah.‹ Allah gibt, wem Er will, ohne zu rechnen.«14

Das Gebet des Propheten ZachariasAS inspiriert durch die Worte MariasAS

Die berührende Antwort der jungen MariaAS bewegte den Propheten ZachariasAS so tief, dass er dafür betete, ein eigenes Kind zu bekommen, welches ebenso tugendhaft war wie MariaAS.

»Daselbst betete Zacharias zu seinem Herrn und sprach: ›Mein Herr, gewähre mir Du einen reinen Sprössling; wahrlich, Du bist der Erhörer des Gebets.‹«15

MariasAS Glaube

MariaAS trat in die Fußstapfen ihrer Eltern, die den jüdischen Glauben treu praktizierten und wuchs zu einer bescheidenen, selbstbewussten und frommen jungen Frau heran.

weiter zu Teil 2

Über die Autorin: Navida Sayed ist ein langjähriges Mitglied des Redaktionsausschusses von »The Review of Religions« und ist derzeit Redakteurin der Rubrik Christentum. Seit 1992 ist sie die Koordinatorin des »Women’s Research Team der Ahmadiyya Muslim Community UK«, dessen Arbeit sich vorwiegend mit biblischen Studien beschäftigt.


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Referenzen
1. Der Heilige Qur’an, 3:34
2. Hadhrat Mirza Bashiruddin Mahmud AhmadRA: The Holy Quran with Translation and Commentary (Islam International Publications, 1988), S. 383
3. Der Heilige Qur’an, 3:36
4. Hadhrat Mirza Bashiruddin Mahmud AhmadRA: The Holy Quran with Translation and Commentary (Islam International Publications, 1988), S. 384
5. Der Heilige Qur’an, 3:36
6. 2. Mose 6,20; 4. Mose 26,59; 1 Chronik 6,3; 23,13
7. Orr, James, M.A., D.D. General Editor. »Entry for ›AMRAM‹«. »International Standard Bible Encyclopedia«, Bible Study Tools, https://www.biblestudytools.com/encyclopedias/isbe/amram.html.
8. 2. Mose 6,16-20
9. Matthew Poole: »Commentary on Luke 1,4«. Matthew Poole’s English Annotations on the Holy Bible, Study Light, https://www.studylight.org/commentaries/mpc/luke-1.html.
10. Martin C. Albl.: »Priests and Levites«, Saint Mary’s Press, https://www.smp.org/dynamicmedia/files/1426b413bb5269c9593687d674a9292c/TX002318-8-handout-G-Priests_and_Levites.pdf
11. Der Heilige Qur’an, 3:36
12. Der Heilige Qur’an, 3:37
13. Der Heilige Qur’an, 3:38
14. Der Heilige Qur’an, 3:38
15. Der Heilige Qur’an, 3:39

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