Inmitten der Dunkelheit der anhaltenden Zerstörung des Gazastreifens ist es herzerwärmend zu sehen, dass viele Juden, sowohl liberale als auch orthodoxe, sich mit den Menschen in Palästina solidarisieren und deutlich gemacht haben, dass jüdisch zu sein nicht dasselbe ist wie ein Zionist zu sein. Das Judentum steht wie alle Religionen für Frieden für die gesamte Menschheit; der Zionismus ist eine nationalistische Ideologie und begünstigt wie alle anderen nationalistischen Ideologien eine Nation auf Kosten aller anderen.
Nicht nur die Religionen des Islam und des Judentums haben viel gemeinsam (z. B. den Glauben an einen Gott, das Verbot von Schweinefleisch usw.), sondern auch ihre heiligen Sprachen sind sehr ähnlich. Arabisch ist die heilige Sprache der Muslime, weil der Qur’an in dieser Sprache geschrieben ist, und Hebräisch ist die heilige Sprache der Juden, weil die Tora (und der Rest des Tanach) in dieser Sprache geschrieben ist. Arabisch und Hebräisch gehören beide zur semitischen Sprachfamilie und sind daher sehr eng miteinander verwandt. Sie haben eine Menge von Wörtern gemeinsam, die mit geringfügigen Abweichungen auf eine gemeinsame Wurzel zurückgehen. Viele dieser gemeinsamen Wörter kommen sowohl im Heiligen Qur’an als auch im Tanach vor. Im Folgenden sollen nur sieben als Beispiel aufgeführt werden:
Frieden
Salam (سَلام), Shalom (שָׁלוֹם)
»Friede sei auf Moses und Aaron!« (Der Heilige Qur’an 37:121)
יִשָּׂ֨א יְהוָֹ֤ה | פָּנָיו֙ אֵלֶ֔יךָ וְיָשֵׂ֥ם לְךָ֖ שָׁלֽוֹם
»Der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.« (Numeri 6,26)
Interessant ist, dass sowohl Muslime als auch Juden denselben religiösen Gruß verwenden, der auf dem Konzept des Friedens beruht; Muslime sagen »As-salāmu ʿalaikum« (ٱلسَّلَامُ عَلَيْكُمْ) und Juden sagen »Shalom aleichem« (שָׁלוֹם עֲלֵיכֶם). Beide bedeuten das Gleiche: »Friede sei mit dir.« Das ist eine schöne Art, Menschen zu grüßen, und sicherlich etwas, das die Welt gerade jetzt gebrauchen könnte.
Leben
Ḥayat (حَياة), Ḥayim (חַיִים)
»Für sie ist frohe Botschaft in diesem Leben sowie im Jenseits. Unabänderlich sind Allahs Worte – das ist fürwahr die höchste Glückseligkeit.« (Der Heilige Qur’an 10:65)
וַיִּפַּ֥ח בְּאַפָּ֖יו נִשְׁמַ֣ת חַיִּ֑ים וַיְהִ֥י הָֽאָדָ֖ם לְנֶ֥פֶשׁ חַיָּֽה
»…und blies ihm den Lebensatem in die Nase. So wurde der Mensch ein lebendes Wesen.« (Genesis 2,7)
Das menschliche Leben ist das kostbarste Gut, das es gibt. Alle Religionen lehren Disziplin, damit wir unser Leben gut nutzen und es nicht mit sinnlosen oder belanglosen Beschäftigungen verschwenden. Alle Religionen lehren auch Frieden, damit wir das Leben anderer nicht verschwenden, indem wir es vorzeitig beenden. Die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens ist sowohl für den Islam und das Judentum als auch für alle anderen Religionen von fundamentaler Bedeutung.
Segen
Baraka (بَرَكة), Barakha (בְּרָכָה)
»Es ward gesprochen: »O Noah, reise mit Unserem Frieden! Und Segnungen über dich …« (Der Heilige Qur’an 11:49)
וְזֹ֣את הַבְּרָכָ֗ה אֲשֶׁ֨ר בֵּרַ֥ךְ משֶׁ֛ה אִ֥ישׁ הָֽאֱלֹהִ֖ים אֶת־בְּנֵ֣י יִשְׂרָאֵ֑ל לִפְנֵ֖י מוֹתֽוֹ
»Und das ist der Segen, mit dem Mose, der Mann Gottes, die Israeliten segnete, bevor er starb.« (Deuteronomium 33,1)
Allgemein gesagt ist ein Segen eine Gunst oder ein Geschenk, das uns von Gott verliehen wird. Sowohl im Islam als auch im Judentum besteht der Zweck der Befolgung religiöser Gebote darin, Gottes Segen zu erlangen. Indem wir unser Verhalten und unseren Lebenswandel nach dem Willen Gottes gestalten, können wir auch zu einer Quelle des Segens für andere Menschen werden, anstatt eine Quelle des Unheils oder Leids zu sein.
Einzige
Aḥad (اَحَد), Eḥad (אֶחָד)
»Sprich: »Ich rufe einzig meinen Herrn an, und ich stelle Ihm niemanden [keinen einzigen] zur Seite.« (Der Heilige Qur’an 72:21)
שְׁמַ֖ע יִשְׂרָאֵ֑ל יְהֹוָ֥ה אֱלֹהֵ֖ינוּ יְהֹוָ֥ה | אֶחָֽד
»Höre, Israel! Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einzig.« (Deuteronomium 6,4)
Sowohl Muslime als auch Juden glauben an das Konzept des einen Gottes, Der der Schöpfer des Universums und der Menschheit ist. Alle Menschen sind seine Schöpfung und wir sind alle Kinder des Einen Gottes. Daher ist es nur logisch, dass wir alle im Geiste der Einheit und Brüderlichkeit zusammenleben sollten. Aus dieser Überzeugung heraus stehen alle wahren Muslime und Juden an der Seite derer, die zu Unrecht Opfer oder Verfolgte sind.
Bruder
Akh (أخ), Akh (אָח)
»am Tage, da der Mensch von seinem Bruder flieht,« (Der Heilgie Qur’an 80:35)
לֹֽא־תִשְׂנָ֥א אֶת־אָחִ֖יךָ בִּלְבָבֶ֑ךָ
»Du sollst in deinem Herzen keinen Hass gegen deinen Bruder tragen.« (Levitikus 19,17)
Sowohl Muslime als auch Juden glauben an Abraham (as) und an seine Söhne Ismael (as) und Isaak (as). Interessanterweise beanspruchen die Juden die Abstammung von Isaak (as), während die Araber (und damit die ersten Muslime) die Abstammung von Ismael (as) beanspruchen, was bedeutet, dass Juden und arabische Muslime faktisch Brüder sind. Jedenfalls sollten alle Menschen im Geiste der Brüderlichkeit zusammenleben, ungeachtet ihrer Nationalität oder ethnischen Abstammung.
Glaube
Iman (إيمان), Emuna (אֱמוּנָה)
»… die aber gläubig sind, die stärkt sie in ihrem Glauben, und sie freuen sich dessen.« (Der Heilige Qur’an 9:124)
וְצַדִּ֖יק בֶּֽאֱמוּנָת֥וֹ יִחְיֶֽה
»…Der Gerechte aber wird durch seinen Glauben leben.« (Habakuk 2,4)
Glaube bedeutet, Zuversicht oder Vertrauen in jemanden zu haben. Im religiösen Kontext meint er das Vertrauen in Gott, auch wenn es schwierig erscheint. So kann es zum Beispiel besonders schwierig sein, Gottes Gebote zu befolgen, andere gerecht zu behandeln, wenn einem Unrecht geschehen ist und man ein starkes Verlangen nach Rache hat. Aber gerade in solchen Momenten zeigt sich der Glaube an Gott besonders deutlich.
Gnade
Raḥma (رَحْمة), Raḥmim (רַחֲמִים)
»Unser Herr, lass unsere Herzen nicht verderbt werden, nachdem Du uns geleitet hast, und gewähre uns Gnade von Dir; gewiss, Du allein bist der Gewährende.« (Der Heilige Qur’an 3:9)
הַגּוֹאֵ֣ל מִשַּׁ֣חַת חַיָּ֑יְכִי הַֽ֜מְעַטְּרֵ֗כִי חֶ֣סֶד וְרַֽחֲמִֽים
»… der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich krönt mit Barmherzigkeit und Gnade.« (Psalmen 103,4)
Sowohl im Islam als auch im Judentum wird Gott als Gnädig beschrieben. Am liebsten wären wir alle Empfänger von Gottes Barmherzigkeit und würden Seinen Zorn vermeiden. Aber um Gottes Gnade zu verdienen, sollten wir auch anderen gegenüber gnädig sein. Auch dann nicht, wenn uns Unrecht widerfahren ist und wir uns in der Position befinden und die Macht haben, ohne Rücksicht auf Anstand zu handeln.
Über den Autor: Mansoor Dahri ist Online-Redakteur bei The Review of Religions. Er hat einen BA-Abschluss in Alten Sprachen an der UCL.
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