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Interview mit dem Vorsitzenden von Humanity First Deutschland, Athar Zubair

Humanity First wurde 1995 als eine nichtpolitische, nichtreligiöse und unparteiische Hilfsorganisation der Ahmadiyya Muslim Jamaat gegründet, die sich auf den Schutz des menschlichen Lebens und Wahrung der Menschenwürde konzentriert. Seit ihrer Gründung ist Humanity First stetig gewachsen und hat sich seitdem stark vergrößert. Derzeit feiert sie ihr 25-jähriges Jubiläum im Dienst an der Menschheit. Als eine globale Nichtregierungsorganisation (NGO) leistet sie weltweit humanitäre Dienste, wie z.B. Katastrophenhilfe. Während der Covid-19-Pandemie hat Humanity First Deutschland auf dem Balkan und in afrikanischen Ländern Hilfe geleistet. Am vergangenen Samstag hat Humanity First Deutschland ihren vierten Telethon ausgetragen. Die Revue der Religionen hat mit Herrn Athar Zubair, dem Vorsitzenden von Humanity First Deutschland, über dieses und andere Themen gesprochen. 

Wie ist der Telethon entstanden? 

Die Ursprünge des Telethon gehen auf Kanada und Amerika zurück. Man hat an einem bestimmten Tag eine Live-Sendung ausgestrahlt, in der Spenden für das zu bauende Krankenhaus in Guatemala gesammelt und das Projekt vorgestellt wurden. In Deutschland wird der Telethon zum vierten Mal durchgeführt. Zu Beginn gab es einen 24-Stunden-Telethon und dieser war international so organisiert, dass die Live-Sendung in einem östlichen Land, z.B. Indonesien und Pakistan, ausgestrahlt wurde und sich dann in anderen Ländern im Laufe des Tages fortgesetzt wurde. Jedes Land hatte einige Stunden Sendezeit bekommen. Wir hatten etwa zwei Stunden. Über die Jahre hat es sich so entwickelt, dass jedes Land individuell diesen Telethon durchführt. So haben wir am vergangenen Samstag von 10-15 Uhr den Telethon durchgeführt. Im ersten Jahr gab es ein Spendenziel von 100.000 €, wobei wir dieses Jahr ein Spendenziel von 750.000 € gehabt haben. Bei dem Spendenziel ist es so, dass Humanity First International dem Kalifen der Ahmadiyya Muslim Jamaat einen Vorschlag einreicht, welcher nach Genehmigung von Seiner HeiligkeitABA den in verschiedenen Ländern etablierten Zweigen von Humanity First zugeteilt wird. So versucht man dann an einem bestimmten Tag so viel möglich Spenden zu sammeln. 

Was sind die Hightlights des diesjährigen Telethons gewesen und welche Projekte wurden vorgestellt?

Wir bemühen uns grundsätzlich, eine Vielzahl unserer Projekte vorzustellen und die Zuschauer über die einzelnen Projekte zu informieren. Aufgrund der beschränkten Sendezeit können wir alle Projekte natürlich nicht abdecken. Es werden Highlights von ausgewählten Projekten sowie Zahlen und Fakten präsentiert, dass wir dieses Jahr so vielen Menschen geholfen haben. Unter den Großprojekten, wie z. B. Food Security, laufen über das Jahr hinaus Dutzende Projekte, wo man dann sagen kann, dass man so vielen Menschen geholfen hat. Wir möchten grundsätzlich den Menschen informieren, was wir machen und wo ihre Spendengelder hingehen. 

Bei dem diesjährigen Telethon lag der Fokus auf das Krankenhaus in São Tomé. Seine Heiligkeit Hadhrat Mirza Masroor AhmadABA hatte uns vor einigen Jahren den Wunsch geäußert, dass wir in São Tomé ein Krankenhaus haben sollten. So bemühten wir uns, dort etwas zu finden. Durch die Gnade Allahs hat es sich dann so ergeben, dass die dortige Regierung uns ein Gebäude zur Verfügung gestellt hat. Wir sind jetzt dabei zu analysieren, wie viel darin investiert werden muss, damit wir dort einziehen können. Seine HeiligkeitABA hat Herrn Dr. Valeed Sethi als verantwortlichen Arzt ernannt, der sein Leben der Jamaat gewidmet hat und dort dieses Krankenhaus leiten wird. Seine HeiligkeitABA hat uns ein Spendenziel von 250.000 € für dieses Projekt vorgegeben, damit wir mit der Grundausstattung beginnen können und über die Jahre dann dieses Krankenhaus aufbauen und allmählich mehr Dienste anbieten können.

Wie wurde dieses Projekt von den Menschen in São Tomé aufgenommen?

Der dortige Premierminister ist mit der Jamaat sehr gut befreundet. Wir kennen ihn schon seit Langem, als er noch der Bildungsminister gewesen ist und wir mit unserer Arbeit in São Tomé begonnen hatten (2007/2008). Die ersten Projekte in São Tomé waren im Bildungssektor gewesen. Er war schon damals sehr angetan, dass wir sein Ministerium für unsere Projekte ausgewählt hatten. Diese Beziehung hat sich über die Jahre gefestigt. Sicherlich ist es nicht einfach, wenn man einen islamischen Hintergrund hat und in einem christlichen Land tätig ist. Es gab schon Opposition und Vorwürfe, dass man mit den Muslimen Projekte durchführen würde. Er hat sich für uns eingesetzt, dass er uns kennen würde und mit uns zusammengearbeitet habe.

Premierminister von São Tomé

Wenn man diesen Telethon verpasst haben sollte, gibt es eine Möglichkeit, sich an dieser Spendenaktion zu beteiligen?

Die Spendenaktion wurde bis Sonntag verlängert. Die Brüder und Schwestern, die am vergangenen Samstag nicht teilnehmen konnten, können jederzeit auf unsere Webseite (hfspen.de) gehen und dort ihr Versprechen abgeben oder auch direkt spenden. Es gibt auch viele Leute, für die es nicht möglich ist, sofort zu spenden. Diese können innerhalb eines Zeitraums, z. B. 6 Monate, ihre Spende entrichten und sie werden von uns auch daran erinnert. Das funktioniert auch sehr gut. Jeder kann sich über unsere Webseite oder im Büro anrufen und über die laufenden Projekte erkundigen. Diese werden aber auch über die sozialen Medien vorgestellt. Der Telethon stellt einen Event dar und das dabei gesammelte Geld wird für die Projekte ausgegeben. Grundsätzlich kann man aber jederzeit spenden.

Stand 23.09.2020, 14:50

Welche Projekte führt Humanity First Deutschland während der anhaltenden Corona-Pandemie durch?

Die Corona-Pandemie ist plötzlich gekommen. Wir leisten eigentlich Katastrophenhilfe, d. h. es ereignet sich irgendwo auf der Welt eine Katastrophe und man bemüht sich durch Spenden und Hilfe vor Ort zu unterstützen. Bei dieser Pandemie handelt es sich um ein derartiges Desaster, dass jeder mit dem selben Problem zu tun hat und überall auf der gesamten Welt. Jene Länder, die von Humanity First Deutschland betreut werden, haben rechtzeitig ihren Bedarf gemeldet, z. B. Hygieneartikel, Mundschutz, Desinfektionsmittel, PPE (Schutzbekleidung für Krankenhäuser) und Nahrungsmittelpakete für jene, die aufgrund des Lockdowns keinen Zugang zu Nahrungsmittel hatten. Durch die Gnade Allahs konnten wir sofort auf die verschiedenen Anfragen aus dem Balkan und in afrikanischen Ländern eingehen. Wir haben bisher etwa 100.000 € für Covid-Response aufgewendet. 

Dieses Jahr feiert Humanity First International ihr 25-jähriges Bestehen. Wie hat sich Humanity First über die Jahre entwickelt und welche Rolle spielt die Rechtleitung durch den Kalifen der Ahmadiyya Muslim Jamaat?

Humanity First ist von Anfang bis jetzt als ein Kind des Kalifen zu verstehen, das über die Jahre von ihm großgezogen worden ist. Der Vierte Kalif der Ahmadiyya Muslim Jamaat, Hadhrat Mirza Tahir AhmadRH, hatte die Vision und den Wunsch, eine Organisation zu haben, die weltweit agiert und die Menschen unterstützt, ohne danach zu fragen, welcher Religion oder Ethnie man angehört. Man sollte einfach dem Menschen helfen, die bedürftig sind. Seitdem ich dienen darf, kann ich sagen, dass Seine HeiligkeitABA bei allen Angelegenheiten uns unterstützt, beraten und mitgeteilt hat, wie wir etwas machen sollten. Viele unserer Großprojekte sind durch Seine HeiligkeitABA entstanden. 

Können Sie einige Beispiele nennen?

Humanity First Deutschland hat das weltweit einzige Waisenheim von Humanity First in Benin gebaut. Ich habe in einer Audienz mit dem Kalifen darüber gesprochen, dass es in Benin sehr viele Waisenkinder gibt und dass wir dort versuchen zu unterstützen. Seine HeiligkeitABA teilte daraufhin mit, dass es vielleicht an der Zeit ist, dort ein Waisenhaus zu bauen. Als Segnung des Wunsches Seiner HeiligkeitABA haben wir daraufhin von der Regierung ein Grundstück geschenkt bekommen. Kurz darauf haben wir eine Anfrage von der Familie Diefenthaler erhalten, die ihren Wunsch äußerten, in Afrika etwas zu machen. Sie sind mit uns nach Benin gereist und wir haben ihnen dieses Projekt vorgestellt. Sie erklärten ihre Bereitschaft, woraufhin Seine HeiligkeitABA auch ihrer Dienstbereitschaft zustimmte. Wir haben dann mit dem Bau des Waisenheims begonnen. Zurzeit werden dort 24 Waisenkinder betreut. Seine HeiligkeitABA hat dieses Projekt von Anfang an begleitet, indem er diesem Waisenheim den Namen »Ahmadiyya Darul Ikram« [Haus der Ehrenhaften] gab. Für die Arbeitsstruktur gab Seine HeiligkeitABA ganz klare Anweisungen, dass wir jedes ankommende Waisenkind aufnehmen sollten. Wir sollten den Kindern auch ermöglichen ihrer Religion nachzugehen und sie neutral zu erziehen. Das ist etwas ganz Besonderes. Es gibt andere große Organisationen, die Waisenheime haben, die erstmal die Kinder entsprechend ihrer religiösen Ausrichtung konvertieren. Uns hatte Seine HeiligkeitABA von Anfang an gesagt, dass wir so etwas nicht machen werden. Wir werden die Kinder neutral erziehen. Wenn es unter ihnen Kinder gibt, die sonntags in die Kirche gehen wollen, dann sollte man das organisieren, dass sie in die Kirche gehen und Muslime entsprechend in die Moschee. In dieser Hinsicht haben wir sehr viel Rechtleitung von Seiner HeiligkeitABA erfahren. Wir sind dafür auch sehr dankbar, dass uns Seine HeiligkeitABA immer unterstützt hat. 

Sie sind vor kurzem in Tschad gewesen. Welche Unterstützung leistet Humanity First Deutschland dort?

Wir haben dort eine offizielle Anfrage von der Regierung bekommen, dass sie unsere Unterstützung bei der Bewältigung der Covid-Pandemie brauchen, ob durch Schulungen oder Instrumenten für das Krankenhaus und Medical Camps. Dieses Projekt wurde Seiner HeiligkeitABA vorgestellt und von ihm genehmigt. Daraufhin haben wir mit unserer Arbeit begonnen: Wir kauften hier Medikamente ein, die dorthin geschickt werden sollten. Dieses Projekt war von Anfang an so sehr gesegnet, dass wir zunächst Kontakte aufbauen konnten. Es gab die Herausforderung, dass während der Covid-Zeit keine Transporte ins Ausland organisiert werden konnten. Unser Global Health Team hat daraufhin Kontakt mit der Regierung und großen NGOs aufgenommen. Das führte schließlich dazu, dass wir in ein Programm von der Europäischen Union aufgenommen wurden, die uns ermöglicht hat, über das World Food Programme (WFP) unsere Sachen kostenlos nach Tschad zu verschicken. Das war der erste besondere Segen gewesen. Wir sind dann mit einem Team vor Ort gewesen. Wir haben aber am Tag zuvor von der Regierung gesagt bekommen, dass die Medical Camps wegen Corona nicht stattfinden können. Als wir aber dort waren, sind wir überrascht gewesen, wir Allah die Wege für uns erleichtert hat. Wir wurden vom dortigen Gesundheitsministerium empfangen, die uns in die VIP-Lounge nahmen. Dort waren diverse Medienvertreter anwesend, die uns interviewten, uns nach den durchzuführenden Projekten und unseren Absichten fragten. Am nächsten Tag hatte uns der Gesundheitsminister für ein Gespräch eingeladen. Er hat uns trotz allem ermöglicht, im Rahmen der Covid-19 Vorkehrungen, die Medical Camps durchzuführen und in Krankenhäusern dienen zu können. Wir hatten auch einige medizinische Instrumente gehabt, die wir von Siemens gespendet bekommen hatten. 

Obwohl wir dort für die Medical Camps waren, haben wir auch andere Projekte durchführen können. Als wir davon erfuhren, dass dort Menschen wegen einer Flut ihre Häuser verloren hatten, haben wir 140 Nahrungspakete für einen Monat zusammengestellt. Das kostete etwa 2.500 €. Das schöne war, dass am Abend mich ein Bruder anschrieb, dass er bereit wäre diese Summe zu spenden. 

Aufgrund der Corona-Pandemie mussten viele finanzielle Einschnitte erleben. Wie ist dieses Jahr trotz dieser Pandemie die Spendenbereitschaft unter den Ahmadis gewesen?

Mein Empfinden ist, dass die Spendenbereitschaft sogar zugenommen hat. Wir haben viel mehr Spenden eingesammelt als wir sonst sammeln würden. Dieses Jahr fiel der Monat Ramadan in der Corona-Zeit, in der große Spendenbereitschaft (etwa 200.000 €) zu verzeichnen war. Für das Opferfest haben wir auch knapp 200.000 € sammeln können, womit die Tieropfer in verschiedenen Ländern durchgeführt wurden und das Fleisch an Bedürftige verteilt wurde. Weltweit konnten wir damit etwa 200.000 Menschen mit Fleisch versorgen. Und jetzt wurde dieser Telethon durchgeführt. Wenn man das ganze im Kontext sieht, dass bisher trotz dieser Umstände schon über 5,5 Mio. € zusammengekommen sind, die wir auch schon ausgegeben haben. 

Wer stemmt all diese Projekte und gibt es auch Möglichkeit, sich aktiv daran zu beteiligen?

Es gibt ein Humanity First Deutschland Board mit verschiedenen Direktoren. Ihnen sind die verschiedensten Projekte zugeteilt. Es gibt Direktoren für Global Health, Orphan Care, PR, Marketing. Die Projekte werden gemäß den eingehenden Anfragen angegangen. Die Projekte verteilen sich auf 23 Länder, für die wir verantwortlich sind. Entweder wird seitens der Länder ein Bedarf gemeldet, dass sie ein bestimmtes Projekt durchführen möchten. Das wird dann im Board besprochen und genehmigt. Oder es gibt den Bedarf, dass wir mit einem Team von Ärzten, Ingenieuren oder Helfern vor Ort sind oder die Projekte dort begleiten. 

Natürlich nehmen wir jederzeit Menschen auf, die gerne helfen wollen und wenn jemand eine bestimmte Fertigkeit aufweist, dann kann er auch an ein bestimmtes Projekt eingebunden werden. Es kann sich aber grundsätzlich jeder daran beteiligen und mitmachen. Wir haben eine Datenbank, in der wir einsehen können, wo jemand eingesetzt werden kann. Es gibt viele Tätigkeiten, die man von Deutschland aus machen kann. Die Personen werden dann kontaktiert und helfen dann gemäß der ihr zur Verfügung stehenden Zeit.

25 Jahre sind seit dem Bestehen von Humanity First vergangen. Welchen Ausblick können Sie geben?

Wir können uns als sehr glücklich schätzen, dass wir Richtlinien von Seiner HeiligkeitABA in seiner Ansprache auf der internationalen Konferenz in London vor zwei Jahren bekommen haben. Darin hat Seine HeiligkeitABA uns ganz klar mitgeteilt, was unsere Mission und was unsere Pflichten sind. Der KalifABA wünscht sich, dass sich unsere Einsätze vermehren. Zudem sagte Seine HeiligkeitABA, dass der Verheißene MessiasAS für die Wahrung der Rechte Allahs und Seiner Schöpfung gekommen sei und es an der Zeit ist, dass Humanity First den zweiten Aspekt vollkommen übernimmt. Unsere Bemühungen sollten in diese Richtung auch zunehmen und wir sollten mit den großen Organisationen Schulter an Schulter mit einer beispielhaften Motivation Dienste erbringen können. Unser Ziel ist, so vielen Menschen wie möglich zu helfen. 

Durch die Leitung des KalifenABA und seine Gebete sind wir in der Lage, Projekte durchzuführen, wo manch anderer schon Schwierigkeiten hat. 

Wir sind mit den großen NGOs vielleicht nicht vergleichbar, aber was die Effektivität anbelangt, so können wir innerhalb von einer halben Stunde in 220 Ländern der Welt sofort agieren. Der Grund ist einfach, dass wir die Segnung des Kalifats haben.

Die Revue der Religionen bedankt sich bei ihnen und wünscht Humanity First weiterhin viel Erfolg!

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